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Willkommen
Bei einem Rundgang durch die engen und steilen Gassen des Ortes kann man auf die folgende Gedenktafel treffen.
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Foto: |
Inschrift
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Erläuterungen
Torquemada: |
Tomás de Torquemada (1420-1498) war einer der gefürchtesten spanischen Großinquisitoren. Er machte aus der Inquisition eine Organisation mit vielen Sondervollmachten und benutzte sie zur brutalen Unterdrückung Andersdenkender. Rund 2000 Menschen wurden in seiner Amtszeit im Namen der römisch-katholischen Kirche und des christlichen Spanien gefoltert und schließlich auf dem Scheiterhaufen bei lebendigem Leibe verbrannt. Er befürwortete auch die Vertreibung der Juden und Mauren aus Spanien (1492). |
Francesco Ferrer: |
Ferrer lebte 1859-1909, größtenteils in Barcelona. Nach einem fehlgeschlagenen Attentatsversuch gegen den General Villacampe verbrachte er die Jahre 1886-1901 im Pariser Exil (wo er übrigens für Dreyfus Partei nahm). Er galt zeitlebens als Anarchist und zumindest geistiger Führer der revolutionären Ereignisse der "Tragischen Woche" im Juli 1909, wurde daher verhaftet und am 13. Oktober 1909 durch Erschießen hingerichtet. Einige Jahre später wurde er posthum rehabilitiert. |
Moderne Schule: |
Ferrers Lebenswerk galt einer "modernen Schule", die seiner Meinung nach modern, wissenschaftlich und vernunftbegründet sein sollte. Die erste "Escuela moderna" wurde 1901 in Barcelona gegründet, aber bereits 1906 wieder geschlossen, als man Ferrer die Teilnahme an einem Komplott zur Ermordung des Königs Alfonso XIII vorwarf. Die Pädagogik der "modernen Schule" galt als anarchistisch, denn ihre Forderung nach einer zwangfreien Erziehung richtete sich gegen das von der römisch-katholischen Kirche beherrschte, unterdrückende Schulsystem. Die Escuela moderna von Barcelona unterrichtete Kinder und Erwachsene. Ihr war ein Verlag für linksgerichtete Veröffentlichungen angegliedert. Die Erschießung Ferrers führte zu einem internationalen Aufschrei und zur Gründung "moderner Schulen" und Francesco-Ferrer-Vereinigungen in aller Welt. |
13. Oktober 1909: |
An diesem Tag wurde Francesco Ferrer erschossen. Interessant wäre es, zu wissen, wann und in welchem politischen Umfeld diese Gedenktafel angebracht wurde. (Wenn Sie etwas darüber wissen, schreiben Sie uns bitte! Vielen Dank im Voraus!) An einem anderen Ort (Novaggio / Tessin / Schweiz) führte eine ähnliche Tafel zu heftigen Auseinandersetzungen. |
Kommentar
Francesco Ferrer war eine schillernde Gestalt, aufgewachsen in einer Gesellschaft, die ihren Weg zur Republik suchte, unter der Last ihrer inneren Widersprüche ächzte und den immer radikaleren Umsturzversuchen eine heftige Repression entgegenstellte. Der Kampf um die Befreiung von der alten Herrschaft wurde von Ferrer quasi lebenslang gleichzeitig auf der Straße und in den Köpfen, d.h. in der Schule, geführt.
Immer wieder haben politische Umbruchzeiten - und besonders das 19. Jahrhundert - solche Gestalten hervorgebracht, die für die Vertreter der alten Herrschaft Ketzer und Verbrecher, für die Anhänger des Wandels aber Helden und Vorbilder waren und am Ende oft dafür büßen mussten, dass sie einerseits ihre Ideale nicht ohne Gewaltanwendung durchsetzen konnten, andererseits für die bestehende Gesellschaft zu weit (oder für ihre Mitstreiter zu wenig weit) gingen und vor allem, wenn sie denn so lange lebten, keinen Weg zurück ins zivile, "nachrevolutionäre" Leben finden konnten. Man denke nur an Garibaldi, Kossuth, die Carbonari oder die französischen Revolutionäre wie Danton, Robbespierre und selbst den ersten Napoléon.
Der auf die Befreiung des Denkens von äußeren Zwängen gerichtete Ansatz der Ferrerschen Pädagogik hat viele Nachfolger, Nachahmer, Weiterentwickler und Rivalen gefunden. Immer wieder zwingt die stagnierende gesellschaftliche Entwicklung zu solchen "Befreiungsschüben", die jedesmal gewiss viele Übertreibungen, Verrenkungen und Verdehungen mit sich bringen, aber für eine gewisse Zeit für frischen Wind und Atemluft sorgen. Der bisher letzte dieser Schübe war in Europa wohl die 68er Bewegung. Sie wurde, wie alle ihre Vorgänger, von der Gesellschaft letzlich aufgesogen und aufs Eis gelegt, aber etwas bleibt immer hängen, und zwar Gutes und Schlechtes...
Internet
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Adresse / Eigner |
Anmerkungen |
Francesco Ferrer's involvement with the Rational Education Movement in Spain Von Talking History. |
In englischer Sprache. Kurze Geschichte und kritische Würdigung der "rationalen" Erziehung in Spanien und des Wirkens von Francesco Ferrer. Mit Links und Buchtipps zum Thema. Quintessenz der Darstellung: "From the start, Ferrer downplayed his anarchist connections,
emphasizing instead the progressive and anticlerical aspects of his programme.
This gained him some support among the middle classes (the "Scientific Masses")
to whom his appeals were mostly directed. [...] None-the-less, Ferrer worked
closely with Anarchist organizations in the development and running of the
school. |
History of the Stelton Modern School Von Talking History. |
In englischer Sprache. Geschichte der Stelton Modern School, anderer Nachahmer der Escuela moderna und ihres geistigen Vaters Francesco Ferrer. Mit Links und Buchtipps zum Anarchismus und zur Bewegung der "Modernen Schule". |
Modernes Ketzergericht aus Im Weitergehen (1911) von Karl (Friedrich) Henckell Von Gutenberg-Spiegel. |
In deutscher Sprache. Ein bissiges und nicht sehr kirchenfreundliches Gedicht über die Erschießung Francesco Ferrers. |
Una lapide imbarazzante (ein Anstoß erregender Gedenkstein) Von Novaggio (Schweiz). |
In italienscher Sprache. Die tragikomische Geschichte der Entstehung, Verfälschung, Wiederherstellung, Einweihung, Schändung und erneuter Wiederherstellung eines Gedenksteins zu Ehren von Francesco Ferrer in Novaggio, sozusagen Don Camillo und Peppone auf Italienisch-Schweizerisch. |
Aus Wikipedia. |
In deutscher Sprache. Kurzer Abriss des Lebens und Werks von Tomás de Torquemada. |
Aus Geocities. |
In spanischer Sprache. Kurzer Abriss des Lebens und Werks von Tomás de Torquemada. |
In englischer Sprache. Abriss des Lebens und Werks von Torquemada unter Betonung der Gefahren, die dem christlichen Spanien von all den Ungläubigen und Ketzern drohte, sowie Minimalisierung und Relativierung der von Tomás de Torquemada zu verantwortenden Grausamkeiten ("Whether Torquemada's ways of ferreting out and punishing heretics were justifiable is a matter that has to be decided not only by comparison with the penal standard of the fifteenth century, but also, and chiefly, by an inquiry into their necessity for the preservation of Christian Spain."). |
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Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Zur Anreise nach Campiglia Marittima siehe Inschriften in Campiglia Marittima.
Leider habe ich mir die Straße nicht gemerkt, in der das Schild hängt. Aber der mittelalterliche Ortskern von Campiglia Marittima ist so klein, dass man bei einem Rundgang bestimmt einmal auf das Schild stößt.
Hans-Rudolf Hower 2002
Letzte Aktualisierung: 04.04.16