Inschriften in Nittenau

Promillgassel

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Wenn man vom Stadtzentrum von Nittenau über die (2009) neue Fußgängerbrücke auf die andere Seite des Regens geht, kommt man bald an ein hochinteressantes Straßenschild, das (nicht) nur boshafte „Saupreußen“ mit den örtlichen Trinkgewohnheiten in Verbindung bringen werden.

Inschrift

Kommentar

Hier gibt es vor allem wegen der (süddeutsch: den) schon oben erwähnten „Saupreußen“ etwas zu kommentieren. Ob dieser nicht sehr nett gemeinte Ausdruck - wie so manches in Deutschland - eine Folgeerscheinung der napoleonischen Kriege ist, bei denen ja Preußen und Bayern eine gewisse Zeit lang gegeneinander kämpften (siehe Storchenturm), kann sicher nicht mehr sicher bewiesen werden. Er könnte auch aus der Zeit stammen, da Preußen nach und nach die meisten anderen deutschen Staaten - außer Bayern (natürlich, würde der Bayer sagen) - „einkassierte“ und sich damit nicht nur Freunde machte. Aber erstens hat der Ausdruck „Saupreuße“ („Saupreiß“ in der örtlichen, den besagten Saupreußen unverständlichen Sprache) schon lange nichts mehr mit den Preußen zu tun. Jeder, der durch nichtbajuwarisches Benehmen auffällt, kann schnell zum Saupreußen werden. Berühmt ist der erboste Ausspruch eines Urbayern angesichts eines fernöstlichen Streitgegners: „Saupreiß, japanischer!“ Zweitens muss die manchmal von unberufener Seite vorgebrachte Behauptung, dass der Blutalkohol eines Bayern nicht in Promille, sondern in Prozent gemessen werden müsse, aus mathematischen und biologischen Gründen nicht haltbar. 10 Promille geben auch 1 Prozent; daher ist ein Wechsel der Maßeinheit unnötig. Außerdem wäre ein Mann mit 10 Promille mausetot, weswegen die Umrechnerei sich ebenfalls erübrigt. Drittens wird auch außerhalb Bayerns getrunken („gsuffa“ auf bajuwarisch). Eine bayrische Mass hat auch nicht mehr Alkohol als ein paar Kölsch, auch wenn Letztere aus in bayerischen Augen lächerlich kleinen Gläsern getrunken werden...

A propos Streitgegner: Wer ein solcher ist, bestimmt grundsätzlich der Bayer (oder schlimmer: die Bayerin). Wer Recht hat, übrigens auch. Besonders in der Münchener Gastronomie. Ich muss immer wieder an folgende, von mir selbst in einem renommierten Münchener Biergarten erlebte Szene denken: Wir kommen mit einer Gruppe von rund zwölf Personen zu spät zum Biergarten. Zu spät heißt, erstens ist es schon rappelvoll, und zweitens schlägt gerade das Wetter um. Wir flüchten in das zum Biergarten gehörende Gasthaus, aber wir sind nicht die Einzigen. Ein ziemliches Gedränge entsteht in den Gängen zwischen den Tischreihen. Und genau da will die eingeborene weibliche Bedienung mit ein paar Mass Bier durch. Jeder versucht sich so dünn wie möglich zu machen, und keiner denkt sich etwas Böses. Doch plötzlich fängt die Bedienung fürchterlich an zu fluchen (darin sind die Bayern ziemlich stark), und einer aus unserer Gruppe wird immer kleiner, erst moralisch, dann psychisch, schließlich physisch. Allmählich gelingt es uns Umstehenden trotz des herrschendes Lärmpegels aus dem bajuwarischen Redeschwall einzelne Begriffe herauszufiltern, denen man Folgendes entnehmen kann: Die Bedienung kanzelt unseren Freund auf übelste Weise ab, weil er es gewagt hat, seinen einen Fuß unter einen Fuß der werten Frau zu stellen. Als der arme Mann zu einer Antwort ansetzt, hat dies nur ein Anschwellen der bayerischen Schimpfkanonade zur Folge. Und als die Bedienung das ungläubige Staunen in unseren Gesichtern sieht, erklärt sie uns stolz: „Ja so sinn mir Bayern hoit!“ (Ja so sind wir Bayern eben!) Was zu beweisen war.

Zurück zum Promillgassel: Im süddeutschen Sprachraum bis in die Schweiz und nach Österreich ist eine „Gass“ oder „Gassen“ einfach eine Straße, und zwar in jeder Größe. Als Kind fragte ich meine Mutter „Deerf isch uff di Gass?“, wenn ich auf der Straße spielen wollte. In Wien werden wahre Prachtstraßen verhochdeutschend „Gasse“ genannt. Daher ist ein Gassel, Gässel, Gessl oder Gasserl nicht eine kleine Gasse, sondern eine kleine Straße, also eine Gasse. Und dass auf unserem Wegeschild die Promille im Verein mit einem Fahrrad vorkommen, ist keine Aufforderung, mit dem Fahrrad zu fahren, wenn man nicht mehr gehen kann, sondern eher ein ungewollter Einblick in den real existierenden Alkoholkonsum. Eine Kollegin sagte mir einmal vor Jahren: „Zum Glück war ich gestern mit dem Auto die paar hundert Meter zu der Feier gefahren, denn zu Fuß hätte ich es nicht mehr nach Hause geschafft.“ Sie hatte kein Fahrrad. Sie hatte auch Glück, denn es gab weder einen Unfall noch einen Führerscheinentzug. Oder war Letzteres gar kein Glück?

Internet

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Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Zur Anreise nach Nittenau siehe Inschriften in Nittenau.

Wenn Sie im Stadtzentrum von Nittenau aus dem Bus aussteigen, gehen Sie zum nahen Regenufer und über die Fußgängerbrücke. Dann sind es nur noch wenige hundert Meter zu Fuß bis zum Promillgassel-Schild.

Angaben zur Anreise entsprechen unseren persönlichen Kenntnissen oder sogar Erfahrungen, aber wir können keinerlei Verantwortung für ihre Richtigkeit übernehmen. Wenn Sie diese Seite lesen, können sich in der Wirklichkeit Veränderungen ergeben haben.

Hans-Rudolf Hower 2009

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Letzte Aktualisierung: 11.04.16