Versuch einer Klassifizierung
Bei Plansprachen kann man folgende Kategorien
unterscheiden:
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Nicht oder nur teilweise formalisierte Sprache, die sich
eigentlich aus den Elementen der entsprechenden natürlichen Sprache
zusammensetzt, aber so stark von berufs- oder branchenspezifischen, u.U.
fremdsprachigen Wörtern und Wendungen durchsetzt ist, dass das Verständnis
für Nichteingeweihte nicht unbedingt gegeben ist. Beispiele:
Fliegersprache, Informationstechnologiesprache, Juristensprache. Solche
Sprachen entstanden meist aus natürlich gewachsenen Berufsjargons, werden
in neuerer Zeit jedoch wegen der beschleunigten Weiterentwicklung modernen
Fachwissens immer häufiger mit fachbezogenen Kunstwörtern und -strukturen
angereichert.
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Formalisierte Sprache, die sich vollständig aus
Versatzstücken einer natürlichen Sprache zusammensetzt. Für Zwecke der
automatischen Übersetzung oder der benutzergesteuerten Sprachwahl wird ein
solches Sprachgeschnetzeltes meist parallel in mehreren
natürlichen Sprachen mit einander entsprechenden Versatzstücken gepflegt.
Beispiel: Gebrauchsanweisungssprachen, automatisierte Ansagen.
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Formalisierte Sprache, die sich in wichtigen Teilen aus
grammatischen Strukturen, Versatzstücken und Kürzeln einer natürlichen Sprache
zusammensetzt ist, die auch in anderssprachigem Umtext vorgeschrieben sind.
Beispiel: Flugsicherungssprache.
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Vollständig formalisierte Sprache, die zwar möglicherweise
grammatische Strukturen, Versatzstücke und Kürzel einer natürlichen Sprache
verwendet, aber nicht der menschlichen Kommunikation dient, sondern der
Programmierung von Maschinen, z.B. Computer, Werkzeugmaschinen.
Beispiele: C++, Cobol, Fortran, SQL, Visual Basic.
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Abgeleitete Allgemeinsprachen, für die eine weit
verbreitete natürliche Sprache so vereinfacht wird, dass sie - zumindest
theoretisch - eine internationale Verständigungsplattform für alle
Lebensbereiche bilden kann. Beispiele: Basic English, Globish.
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Mehr oder weniger frei erfundene Sprachen,
die mit eigener Grammatik und eigenem Wortschatz eine internationale
Verständigungsplattform für alle Lebensbereiche bilden wollen. Beispiele:
Esperanto, Volapük.
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Hochsprachen oder Schriftsprachen sind ein schillernder
Sonderfall. Diese Plattformen zur Verständigung über verwandte Dialekte hinweg
entstehen manchmal auf natürliche" Weise, indem das Idiom einer Gegend
allmählich die Oberhand gewinnt und als allgemeine Hochsprache anerkannt wird;
so geschehen mit dem Französischen (Dialekt der Ile de France) und so im Gang
mit dem Chinesischen (Mandarin oder Dialekt von Peking).
Aber oft wird da etwas künstlich" nachgeholfen, indem man aus einer
gewissen Anzahl von Dialekten den kleinsten gemeinsamen Nenner
herauskristallisiert und daraus eine Schriftsprache bastelt. So geschehen mit
dem Deutschen (aus mittel- und oberdeutschen Dialekten unter Weglassung der
niederdeutschen) und so im Gang mit dem Rätoromanischen (aus einer begrenzten
Anzahl näher verwandter Dialekte).
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Was spricht für eine Plansprache?
Die Nützlichkeit fachbezogener Plansprachen steht außer
Frage steht und beweist sich in der Praxis immer wieder. Das moderne Berufsleben
ist voll von ihnen und kommt nicht mehr ohne sie aus. Man denke nur an die
Programmiersprachen zur Steuerung von Werkzeugmaschinen oder Computern.
Dagegen bleibt das Bemühen um eine internationale
Allgemeinsprache weiterhin ein Anlass
für heftige Diskussionen, und die bestehenden allgemeinen Plansprachen führen
trotz anfänglicher Erfolge (vor allem des Esperanto) ein trauriges Dasein
jenseits aller internationalen Wirksamkeit. Darüber kann auch die Begeisterung
und der Arbeitseinsatz so mancher Sprachgemeinde" nicht hinwegtäuschen.
Trotz dieser schwierigen Lage
entstehen immer wieder neue Plansprachen. Man verfolge nur die vielfältigen
Bemühungen, die rund um Englisch-Ableger wie Basic Glaobal English und
Globish gerade laufen. Oder man betrachte die ungarische
Seite Mesterséges nyelv
(Kunstsprache), die Links und Artikel zu über 250 Plansprachen anbietet.
Die Beweggründe der Erfinder und Unterstützer künstlicher
Allgemeinsprachen gehen von verschiedensten Anliegen aus, die von dem Ideal der
Völkerverständigung (Esperanto heißt Sprache der Hoffnung") über drängende
Nützlichkeitserwägungen bis zur boßen Freude am Sprachenbasteln weit gestreut
sind. Jeder dieser Beweggründe ist höchst lobenswert, und ein Erfolg würde
wohl viele Probleme der vom
Babel-Syndrom
geplagten Menschheit lösen. Man denke nur an den personellen, organisatorischen
und finanziellen Aufwand, den die Existenz von 23 internen Amtssprachen
(Stand 1.1.2007) der Europäischen Union abverlangt.
Da die natürlichen Sprachen nicht nur Stärken,
sondern auch Schwächen haben (zu letzteren zählen z.B. so gravierende
Tatbestände wie Lücken, Redundanzen, schwammige Begriffe, logische Fehler,
ständig gebrochene Strukturen, Doppeldeutigkeiten), verbindet sich die Suche
nach einer Überwindung der Sprachbarrieren meist mit der Suche nach eine
logischen (oder zumindest logischeren), wenn nicht gar einer idealen Sprache.
Siehe hierzu
Umberto Eco, Auf der Suche nach der vollkommenen Sprache.
Doch der durchschlagende Erfolg bleibt weiterhin aus ...
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Was spricht gegen eine Plansprache?
Der Aufwand
Eine Allgemeinsprache hat über Jahrhunderte hinweg die
gesamte Kultur und das gesamte Wissen einer menschlichen Gesellschaft (oder
mehrerer Gesellschaften) in sich aufgesogen. Millionen von Menschen aus allen
Bevölkerungsschichten, Berufen und Interessensgebieten haben also über
Generationen ihr ganzes Leben lang diese Sprache weiterentwickelt und tun es
weiterhin Tag für Tag. Für die Entwickler und Benutzer einer künstlichen
Allgemeinsprache treten daher folgende Probleme auf:
Der jahrhundertelange Wissensaneignungsprozess muss für
die künstliche Sprache nachvollzogen werden.
Gleichzeitig muss der ständig weiterlaufende
Wissensaneignungsprozess für die künstliche Sprache mitvollzogen werden.
Und diese komplexen Anstrengungen müssen ohne die
Unterstützung einer nennenswerten Zahl von Muttersprachlern oder
Fast-Muttersprachlern geleistet werden.
Während die wichtigen" natürlichen Sprachen ohne
außergewöhnliche Anstrengungen vielen Millionen Sprechern, Hörern, Schreibern
und Lesern zur Verfügung stehen, muss eine künstliche Sprache sich mühsam jeden
neuen Nutzer erkämpfen.
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Der Markt und die Macht
Wissen ist Macht, und da alles Wissen nur in sprachlicher
Form für den Menschen verfügbar wird, ist auch die Sprache eng mit der Macht
verbunden. Was könnte die Regierung eines nicht ganz unbedeutenden Landes,
z.B. Chinas, Indiens, Russlands oder der USA (und selbst Deutschlands,
Frankreichs, Italiens usw.), dazu bringen, einer Plansprache
einen einigermaßen erfolgversprechenden Raum in seinem Erziehungs-, Schul-,
Hochschul- und Ausbildungswesen einzuräumen? Ehrlich gesagt, nichts.
Entgegen vieler anderslautender Aussagen ist das
meistverfolgte Ziel von Wissen und Macht das kleine und das große Geld. Und
auf dem Weg dorthin gehen Industrie und Handel nicht gern kostspielige Umwege.
Man lernt (mehr oder weniger) die Sprache des wichtigsten Marktes, und das
Geschäft läuft. Mehr will keine maßgebliche Instanz.
Die allgemeine Einführung und Nutzung einer Plansprache
würde nicht nur an den fehlenden Finanzen scheitern, sondern auch und vor allem
am Fehlen entsprechender Partner. Man stelle sich ein deutsches Unternehmen vor,
das mit seinen ausländischen Kunden und Zulieferern z.B. auf Esperanto
korrespondieren will. Utopisch!
Außerdem stehen für alle wichtigen Märkte natürliche
Verkehrs- oder Vehikularsprachen mit vielen Millionen muttersprachlicher Nutzer
zur Verfügung. Dies ist keine neue und keine statische Erscheinung. In den
letzten
2 500 Jahren sind in unserem Kulturkreis mehrere international genutzte
Verkehrssprachen aufeinandergefolgt: erst Griechisch (Koiné), dann Latein, dann
Französisch, dann Englisch. Daneben hatte und hat Spanisch zumindest in der
Neuen Welt eine ähnliche Stellung. Russisch hat mit Auflösung der UdSSR und
ihres politischen Satellitensystems zwar momentan an internationaler Bedeutung
verloren, aber mit der zu erwartenden Stärkung der osteuropäischen und
vorderasiatischen Märkte kann sich das Blatt schnell wieder wenden. Und
vielleicht werden wir in absehbarer Zeit alle Chinesisch lernen, das mit über
einer Milliarde Muttersprachler und einem boomenden Markt an die Weltspitze
drängt.
Während die Vielfalt der natürlichen Sprachen die einzelne
Sprache zunächst einmal nicht in Gefahr bringt, da sie über Jahrhunderte oder
Jahrtausend ihren Platz und ihre Nutzer erobert hat, hindert im Gegenteil die
Vielfalt der bereits existierenden Plansprachen (mindestens 250) jede einzelne
daran, eine international tragende Rolle zu übernehmen. Dem Etablierten hilft
immer die Wucht der vollendeten Tatsache, während das Neue erst
eine Einigung unter den Neuerern erzielen muss, was ihm oft die Kraft für die
Auseinandersetzung mit dem Alten raubt.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass selbst die
ansonsten sehr auf ihre nationale Identität versessenen Staaten der Europäischen
Union in der Praxis lieber auf ein Gemisch aus Eigensprachlichkeit und Nutzung
der (nur derzeit und nur mehr oder weniger) globalen
Verkehrssprache Englisch setzen, statt einer gemeinsamen Plansprache innerhalb
der Union auf die Beine zu helfen.
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Literatur
Mein Tipp
Titel / AutorIn
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Anmerkungen, Besprechung
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Info / Kauf
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Umberto Eco, Auf der Suche nach der vollkommenen Sprache
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Eine detaillierte Auseinandersetzung mit einer Vielzahl
alter und neuer Versuche zur Überwindung des Sprachenproblems.
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Siehe Besprechung von
La ricerca della lingua perfetta nella cultura europea (auf
Italienisch, mit Bezugsmöglichkeiten).
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Mesterséges nyelv (Kunstsprache)
Startlap
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Umfangreiche Sammlung verschiedenster Dokumente und Links
zum Themenkreis Plansprachen. Auch wer kein Ungarisch kann, sollte sich nicht
abschrecken lassen, denn
die meisten Dokumente, auf die diese ungarischsprachige Menüseite verweist, sind
in anderen Sprachen, z.B. auf Englisch oder in der beschriebenen Sprache,
geschrieben. Durchklicken kann also lohnen! Nur die Dokumente von Rubriken
wie Magyar nyelvű oldalak" (Ungarischsprachige Seiten) oder ...
magyarul" (... auf Ungarisch) brauchen Sie zu meiden.
Insgesamt werden Zugänge zu über 250 Plansprachen geboten.
Den dem Redakteur wichtigsten Plansprachen (Volapük, Esperanto [ungarisch:
Eszperantó], Ido, Novial, Glosa, Occidental, Latino sine flexione, Basic
English, Toki Pona) ist jeweils eine eigene Link-Sammlung gewidmet, während
die anderen in die folgenden Klassen eingeteilt sind und dort meist mit einem
einzigen Link vertreten sind:
Latin-görök alapú nyelvek (Sprachen auf
lateinisch-griechischer Grundlage)
Germán alapú nyelvek (Sprachen auf germanischer
Grundlage)
Jel/Hang alapú nyelvek (Sprachen auf
Zeichen-/Lautgrundlage)
Star Trek nyelvek (Star-Trek-Sprachen)
Tolkien nyelvei (Tolkiens Sprachen)
Pidgin nyelvek (Pidgin-Sprachen)
Kelta alapú nyelvek (Sprachen auf keltischer
Grundlage)
Dazu kommt je eine Sammlung von in Plansprachen
geschriebenen Dokumenten (Mesterséges írások) und von Texten über das Thema
Plansprachen (A mesterséges nyelvekről).
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Plansprache
Wikipedia, die freie Enzyklopädie
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Enzyklopädische Einführung in die Geschichte und
Problematik der Plansprachen, Zugang zu rd. 85 bestehenden Plansprachenprojekten,
Literatur- und Internet-Hinweise.
Hinweis: Die Wikipedia-Artikel
Welthilfssprache und
Kunstsprachen gelten als Synonymeinträge und
aktivieren jeweils eine automatische Weiterleitung zum Artikel
Plansprache".
Falls Sie die Informationen auf Englisch brauchen,
finden Sie auch diese in Wikipedia, aber der englischen, unter
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Enzyklopädische Einführung in die Geschichte der
altgriechischen Allgemeinsprache (koiné glóssa) als Verkehrssprache
(rd. 300 vChr. - 600 n.Chr.).
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Verkehrssprache
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Enzyklopädische Einführungen in die Problematik und die
Geschichte von Verkehrssprachen.
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Hans-Rudolf Hower 2006
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Letzte Aktualisierung: 04.04.16
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