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Der Turmbau zu Babel
Germanische Sprachen: Guten Morgen. Good morning. God morgon. God morgen. Góðan daginn. Goedemorgen. Romanische Sprachen: Bonjour. Buon giorno. Bongiornu. Buenos días. Bon dia. Bos días. / Bon dia. Bom dia. Bom dia. Bună ziua. Bun di. Hinweis zu den Begrüßungsbeispielen: Die lapidare Nennung der gängigsten Grußformeln hier oben und am anderen Seitenrand dient nur dazu, einen ersten Eindruck von den Unterschieden zwischen den verschiedenen Sprachen und Sprachfamilien zu geben. Sie darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Höflichkeit in vielen Sprachen weit umfangreichere und an die soziale Beziehung des Sprechers zum Angesprochenen sowie an Geschlecht und/oder Alter angepasste Ausdrücke verlangt. |
Nach dem Alten Testament sprachen noch nach der Sintflut alle Menschen die gleiche Sprache (welche, wird nicht gesagt). Dort heißt es (alle Zitate nach der so genannten Züricher Bibel): Es hatte aber alle Welt einerlei Sprache und einerlei Worte." (1. Moses 11, 11) Doch dann entstanden die Vielfalt der menschlichen Sprachen und die damit verbundenen Verständigungsschwierigkeiten als göttliche Strafe für die Gründung der Stadt Babel und den Bau des dortigen Turmes, der bis in den Himmel reichen sollte und den Gott als eine Gefahr für seine Allmacht ansah: Und der Herr sprach: Siehe, sie sind ein Volk und haben eine Sprache. Und dies ist erst der Anfang ihres Tuns; nunmehr wird ihnen nichts unmöglich sein, was immer sie sich vornehmen. Wohlan, laßt uns hinabfahren und daselbst ihre Sprache verwirren, dass keiner mehr des anderen Sprache verstehe. Also zerstreute sie der Herr von dort über die ganze Erde und sie ließen ab, die Stadt zu bauen. Daher heißt ihr Name Babel, weil der Herr daselbst die Sprache aller Welt verwirrt und sie von dort über die ganze Erde zerstreut hat." (1. Moses 11, 6-9) Die Sprachenvielfalt wird also als eine entscheidende, gottgewollte und plötzliche Schwächung des Menschengeschlechts sowie als Grund der geografischen Verstreuung der Menschen dargestellt. Was geschah damals aber wirklich in Babel? Sprachlich gesehen, geschah da gar nichts. Wie Umberto Eco in Auf der Suche nach der idealen Sprache erwähnt, geht das vorangehende Moses-Kapitel davon aus, dass es auch vor dem Turmbau zu Babel unter den direkten Nachkommen Noahs verschiedene menschliche Sprachen gab: Von ihnen haben sich die Inselvölker abgezweigt. Das sind die Nachkommen Japhets nach ihren Ländern, ihren Sprachen, ihren Geschlechtern, ihren Völkerschaften." (1. Moses 10, 5) Hier stehen im Rahmen der Schöpfungsgeschichte, die die Entstehung der Welt erklären will, zwei Mythen verschiedener Zielrichtungen unvereint nebeneinander: Der eine soll die Vielfalt der Völker erklären und vernachlässigt das Sprachenproblem, der andere erklärt die Sprachenvielfalt und vernachlässigt das genealogische Problem. Mythen wollen in der Regel die Gegenwart aus der Vergangenheit erklären. Was hatten also die ersten Leser des biblischen Schöpfungsberichts vor Augen bzw. im Kopf? - Die Zersplitterung der menschlichen Sprache. - Die Zersplitterung der menschlichen Stammesgesellschaften. - Die Ruine bzw. Legende von einem sehr groß angelegten Turm. Zwischen diesen Elementen stellt der Mythenschreiber einen ihm logisch erscheinenden Zusammenhang her. Und da es sich um einen religiösen Mythos handelt, können Grund und Ursache des Geschehens nur in einem direkten Eingreifen Gottes liegen. Versucht man das Rätsel der Entstehung der menschlichen Sprachen nicht religiös, sondern wissenschaftlich anzugehen, stellen sich Fragen folgender Art: Wie kam es überhaupt zu Entwicklung einer menschlichen Sprache? Diese Frage ist sozusagen vor-sprachwissenschaftlich und beschäftigt alle Wissenschaftszweige, die in irgendeiner Weise mit der Menschwerdung unseres entwicklungsgeschichtlichen Vorfahren, eines hochentwickelten, affenähnlichen Tieres, befasst sind. Da geht es um den Überlebenskampf in einer schwierigen Umgebung, um Klimaprobleme, um Verhaltensänderungen und vor allem um die Entwicklung eines immer leistungsfähigeren Gehirns, dessen komplexer werdende Denkstrukturen sich in entsprechenden Lauten, dann Wörtern, dann Sätzen ausdrücken. Da Sprache und Denken eng verbunden sind, ja einander bedingen, und mit dem Verblassen der instinkthaften Handlungsschemata zur wichtigsten Grundlage menschlichen Handelns wurden, hängt der Überlebenserfolg des Menschen unmittelbar mit dem Phänomen Sprache zusammen. Auch im Tierreich gibt es (lange verkannte) Tendenzen zur Entwicklung einer Art gemeinsamen Sprache bei bestimmten Tierarten. Sie erreichen jedoch, soweit wir Menschen das beurteilen können, nicht die Komplexität der menschlichen Sprache. Die am höchsten entwickelte Tiersprache scheint es bei den Delphinen zu geben. Gab es eine allen Menschen gemeinsame Ursprache? Der über viele Jahrtausende gehende Akt der Sprachschaffung bestand darin, dass sich unter den in einer Horde zusammenlebenden Menschen gemeinsame lautliche Verständigungsmöglichkeiten entwickelten. Da es unwahrscheinlich ist, dass sich an verschiedenen Stellen der Erde genau die gleiche Sprache entwickelt hat, wäre die Voraussetzung für eine gemeinsame Ursprache aller Menschen die Entstehung des Menschen an einem einzigen Ort und die Bildung eines Urstammes, etwa in der Art, wie der biblische Schöpfungsbericht es schildert. Man hat auch längere Zeit angenommen, dass es eine gemeinsame Wiege aller Menschen in Afrika gab, doch spricht in neuerer Zeit vieles dagegen. Hier besteht noch Forschungsbedarf, aber die These einer einzigen Ursprache scheint immer unwahrscheinlicher zu werden. Was hat zur heute bekannten Sprachenvielfalt geführt? Falls die Menschheit wirklich an mehreren Stellen der Erde entstanden ist, kann man von einer gewissen Urvielfalt der Sprachen ausgehen, die auf der zunächst unüberwindbaren räumlichen Trennung der Urstämme beruhte. Das weitere Auseinanderdriften der Sprachgewohnheiten wurde dadurch gefördert, dass die verschiedenen Menschenstämme entweder keine geografischen Berührungspunkte hatten oder die Berührung über Jahrhunderte vermieden, weil jede Berührung zu mörderischen Konflikten führte. Mit der Ausbreitung der Menschen über die Kontinente teilten sich oft Stämme auf, wanderten in verschiedene Richtungen, verloren den Kontakt untereinander und bildeten in jedem Teilstamm allmählich andere Sprachgewohnheiten aus. Die sprachliche Differenzierung ging mit einer kulturellen Abgrenzung Hand in Hand und führte letzlich zur Unmöglichkeit der Verständigung - und neuen mörderischen Konflikten. Die Überwindung der Verständigungsprobleme durch Dolmetscherindividuen" entwickelte sich wohl parallel dazu, ist für uns heute jedoch nur anhand schriftlicher Dokumente - also für einen entwicklungsgeschichtlich kurzen Zeitraum - nachvollziehbar. Die Wichtigkeit der räumlichen Isolierung für die Herausbildung neuer Dialekte und Sprachen kann man daran sehen, dass in zerklüfteten Gebirgsregionen, wo jedes Tal jahrhundertelang quasi für sich allein lebte, heute noch eine große dialektale Zersplitterung herrscht. Das gilt z.B. für das Rätoromanische in den Alpen, obwohl es sich - wie auch die anderen romanischen Sprachen - erst vor ein paar Jahrhunderten vom Latein gelöst hat, also zunächst eine gemeinsame Sprache in allen Tälern vorlag. Umgekehrt fördern Dinge wie moderne Transportmittel, Telefon, Radio, Fernsehen, Zeitungen, Bücher und allgemeine Schulpflicht, also alle überregionalen Kommunikationsmittel, die Nivellierung der Dialekte und die Herausbildung großer einheitlicher Sprachgemeinschaften. Und damit kommen wir schnell zum Thema des Sprachentods... Vom Dialekt zur Sprache Genau genommen, erklärt das bisher Gesagte nur die Entstehung von Dialekten, d.h. regionaler Varianten bestehender Sprachen. Wann und wie wird aber ein Dialekt offiziell zur Sprache? Irgendwer hat einmal etwas (leider) sehr Wahres gesagt oder geschrieben: Eine Sprache ist ein Dialekt, der politisch Glück gehabt hat." Gewiss gibt es einige sprachwissenschaftliche Kriterien, die aus einer Sprache eine Sprache machen, z.B. eigene Grammatik, eigener Wortschatz, Unverständlichkeit für Anderssprachige. Aber all diese Kriterien sind butterweich und interpretierbar. Ausschlaggebend sind daher oft weniger linguistische als politische Aspekte, die einen Dialekt zur (Amts-)Sprache erheben. Beispiele hierfür sind die Bildung eines neuen Nationalstaates (siehe Niederländisch), die Abspaltung abtrünniger Provinzen (siehe Serbisch und Kroatisch), die Vereinnahmung fremdsprachiger Bevölkerungsteile (siehe Galizisch). Eine interessante Zwitterstellung nimmt das Schwyzerdütsch ein: Als regionaler Ableger des Alemannischen gilt es als deutscher Dialekt, und das Schriftdeutsch gilt weiterhin als eine der Amtssprachen in der Schweiz; aber im täglichen Leben und bis in die amtlichen Institutionen hinein hat sich das Schwyzerdütsch so sehr durchgesetzt, dass es von den Vertretern der französisch-, italienisch- und rätoromanisch-sprechenden Bevölkerungsteilen quasi als weitere Fremdsprache gelernt werden muss, um sich mit ihren deutschsprachigen Kollegen verständigen zu können (zu diesem Röschti-Graben" gibt es immer wieder mal heftige Auseinandersetzungen). |
Slawische Sprachen: Dzień dobry. Dobré jitro. Dobro jutro.
Доброе утро
[dobroje utro]
Добрий ден.
[dobrij den]
Добро утро.
[dobro utro] Finnisch-ugrische Sprachen: Jó reggelt kívánok. Hyvää huomenta. Andere Sprachfamilien: Günaydın. [sobh begheir] [boker tov] [ohayoo gozaimau] |
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Literatur
AutorIn / Titel |
Anmerkungen |
Info / Kauf |
Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments, 1942 |
Diese Bibel galt im Protestantismus bis in die 1960-er Jahre als fortschrittliche Ablösung der Luther-Bibel. |
Verlag der Zwingli-Bibel (Zürich), Buchhandel, theologische Uni-Bücherei |
Das erste Kapitel des Buches ist dem Problem der Sprachentwicklung bis zur babylonischen Sprachverwirrung" gewidmet. Mehr... (derzeit nur italienisch) |
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Wolf Schneider, Wörter machen Leute, Magie und Macht der Sprache |
Dieses Buch behandelt viele verschiedene Aspekte der menschlichen Sprache, ihre Stärken und auch ihre Schwächen. Kapitel II ist der Sprachentstehung gewidmet. Mehr... |
Hans-Rudolf Hower 2006
Letzte Aktualisierung: 04.04.16