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Cabré, Jaume

     

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Diese Seite beschreibt diejenigen meiner Lektüren, deren Originalfassung in katalanischer Sprache geschrieben wurde.

     

Cabré, Jaume

Jaume Cabré wurde 1947 in Barcelona geboren, studierte katalanische Philologie in Barcelona und Lleida, arbeitete als Lehrer und Fernsehdrehbuchautor und kann auf ein umfangreiches und vielseitiges literarisches Werk zurückblicken.

Zur Werkübersicht bei amazon.de/at: Jaume Cabré.

Mehr über den Autor bietet die dt. Wikipedia unter Jaume Cabré.

   

Jaume Cabré, Die Stimmen des Flusses

Roman, gelesen auf Deutsch. Katalanischer Originaltitel: Les veus del Pamano (Die Stimmen des Pamano). Da es sich bei dem Pamano, einem Nebenfluss des Ebro, um den Fluss handelt, der in dem Roman eine wichtige Rolle spielt, sind der katalanische Originaltitel und seine deutsche Übersetzung gleichbedeutend. Letztere trägt lediglich der Tatsache Rechnung, dass der FLuss Pamano für das deutschsprachige Publikum weitgehend unbekannt ist.

Die Handlung des Romans spielt in den Jahren des spanischen Bürgerkriegs, der Franco-Diktatur und in den ersten Jahren der nach Franco eingeführten Monarchie, hauptsächlich in und um das gottverlassene Bergdorf Torena, aber mit Abstechern nach Lleida und Barcelona. Das Dorf wird von der steinreichen Familie Vilabrú und vor allem von deren Chefin, der berückenden und eiskalten Senyora Elisenda, dominiert, die vor nichts zurückschreckt, was ihre Dominanz festigen und ihr Vermögen mehren kann. Die faschistische Falange kommt ihr da gerade recht.

Doch entgeht Senyora Elisenda keineswegs dem Schicksal der sie umgebenden Personen, die nicht nur zwischen Falange und aufständischen Republikanern aufgerieben werden, sondern noch dazu einen persönlichen und familiären Leidensweg voll Misstrauen, Zwietracht, Missgunst, Krankheit und Tod durchlaufen müssen.

Kaum einer der Lebenswege ist geradelinig, außer vielleicht der des Steinmetzes Serrallac, der ständig neue Grabsteine herstellen muss, zu deren lobhudelnden Aufschriften er oft eine wahrhaftigere, aber bei Todesstrafe verbotene Gegenversion im Kopf hat. Und in jeder Familie gibt es Individuen, die aus der Art schlagen, als geistig Behinderte, als sexbesessene Geschäftemacher, als Franco-Schergen oder verfluchte Maquisards. Sogar ein Mönch kommt – oh Schreck! – aus einer stramm republikanisch-laizistischen Familie, ganz zu schweigen von dem Maquisard wider Willen, dessen Seligsprechung von den örtlichen Falangisten hingenommen wird, obwohl ihr Bürgermeister ihn... Ich will ja nicht alles verraten!

Senyora Elisenda verliebt sich ein einziges Mal in ihrem Leben, und das ausgerechnet in Oriol Fontelles Grau, den Lehrer der Dorfschule, der auch malt und – gezwungenermaßen – mit dem falangistischen Bürgermeister „befreundet“ ist, aber unter massiven Bedrohungen heimlich für die Aufständischen arbeitet. Das kann nur tödlich enden, aber für wen, bleibt lange ungewiss.

Die Handlung hat viele spannende Seitenstränge, die das Schicksal einzelner Personen und Familien verfolgen, aber vielfältig miteinander verquickt sind.

Hervorzuheben sind einige besondere Stilelemente, die die Lektüre auflockern. Hierher gehört das häufige Spielen mit den komplizierten katalanischen Familiennamen, die oft ganze Genealogien abbilden. Auch kommt es immer wieder zu unerwarteten, halb versteckten, oft humorvollen Einmischungen des Autors in die Handlung, manchmal als kurzes Blitzlicht, als Flashback, als Perspektivenwechsel zur Erhellung und Verdichtung der Handlung.

Die deutsche Übersetzung von Kirsten Brandt liest sich angenehm und bietet keine besonderen Probleme.

Fazit: Bravo! Mir hat's literarisch sehr gefallen, trotz der vielen menschlichen Katastrophen, die in dem Buch geschildert werden. Der häufige Perspektivenwechsel – oft mitten im Satz oder Absatz – überrascht den unvorbereiteten Leser, hat aber einen ganz eigenen Reiz, wenn man das Phänomen erst einmal durchschaut hat. So kann man oft zwei oder mehrere Perspektiven in derart enger Verbindung sehen, dass sich sozusagen ein mehrdimensionales Bild ergibt.

Querverweis: Eine ähnliche Technik des unerwarteten Perspektivenwechsels findet man bei Jorge Semprun, Der zweite Tod des Ramon Mercader.

[hrh 29.05.16]

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Jaume Cabré, Die Stimmen des Flusses

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Letzte Aktualisierung: 30.05.16