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Scheunen (Grenzhöfer Straße, vom Friedhofsweg aus gesehen) |
Bis Anfang der 1960er Jahre gab es in Edingen noch etwa ein Dutzend landwirtschaftliche Betriebe. Deren Wohngebäude, Stallungen und Scheunen standen mitten im Ort, während die Felder rings herum zwischen Edingen und den Nachbardörfern weit verstreut lagen. Auch die Felder des einzelnen Landwirts (wir sagten damals noch Bauer, ohne dass das eine Beleidigung war) lagen oft weit entfernt voneinander. Dadurch ergaben sich lange Fahrwege, die noch dazu mit Pferdefuhrwerken gefahren werden mussten. Das Reiten auf einem der kräftigen Zugpferde - die wir natürlich in Edinger Mundart Aggergail (Ackergäule) nannten - während der Feldarbeit ist eine meiner schönsten Edinger Kindheitserinnerungen. Das Aufkommen der Traktoren (Lanz-Bulldogs), die allmähliche Aufgabe vieler Betriebe (aus dem Vollerwerbshof wurde oft zunächst ein Teilerwerbshof, bevor er ganz aufgegeben wurde), die Flurbereinigung und die Aussiedelung der verbleibenden Höfe mitten in die zusammengefassten eigenen Felder haben diese Lage innerhalb weniger Jahre grundsätzlich geändert. Die Scheunen im Ort hatten (wie auch die meisten Wohngebüde und Stallungen) sehr steile Dächer, um dem Gewicht der früher noch häufigen großen Schneemassen zu widerstehen. Die spitzen Giebel waren mit Belüftungsöffnungen versehen, die das Trocknen des Heus und des damals viel angebauten Tabaks zu erleichtern. Es gab damals in der Friedrichsfelder Straße auch eine Tabakfabrik zur Weiterverarbeitung der kostbaren Blätter. |
Umzug zum 1200-jährigen Ortsjubiläum, |
Den Generationswechsel in einer Bauernfamilie zeigt überdeutlich das ehemalige Bauernhaus in der Grenzhöferstraße, gegenüber der Einmündung der heutigen Anna-Bender-Straße. Der landwirtschaftliche Betrieb ist schon lange aufgegeben, das Haus damals nach den Vorstellungen des Sohnes, des Kunstmalers Werner Bergmann, umgestaltet, die große Toreinfahrt überbaut. Das Auftreten eines modernen Künstler war in der damals durch Bauern, Handwerker und kleine Angestellte geprägten Dorfgesellschaft etwas Aufsehenserregendes. |
Künstlerhaus in der Grenzhöfer Straße, |
Gewiss gab es den malenden Fährmann Jahn (im Dialekt der Janne-Karl genannt), aber der war alt, malte verständliche Bilder, wurde dennoch eher belächelt und lebte irgendwie ziemlich am Rand der Dorfgemeinschaft. Aber nun hatten wir einen veritablen Künstler mitten im Dorf! Ich erinnere mich an heftige Diskussionen im evangelischen Gemeindezentrum, bei denen einige Honoratioren sich nicht gerade mit kulturellem Ruhm bekleckerten. |
Anna-Bender-Straße mit der ehem. ev. Krankenstation |
Die Anna-Bender-Straße hieß damals Schulstraße (Schulschdrooß). Aber nach dem Zweiten Weltkrieg gab es da schon keine Schule mehr. Nur den evangelischen Kindergarten gab es dort, jenseits der Rathausstraße (Hallo, Kameradinnen und Kameraden von damals, wollt ihr euch mal hier sehen? Bitte sehr: Schwester Emilies Kindergartengruppen.) Die Schulstraße wurde inzwischen zu Ehren von Schwester Anna Bender umbenannt, die lange Zeit die evangelische Krankenstation im Haus Nr. 8 leitete und für ihr Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz erhielt. Mehr darüber... Das Haus, in dem sich die Krankenstation der Diakonissen befand, war in gewisser Weise typisch für die damalige Zeit: Es gab zunächst zwei Wohnungen, eine im Erdgeschoss (erschter Schdogg), eine im Obergeschoss (zweider Schdogg). Im Untergeschoss war der Kohlen- und Vorratskeller. Dann wurde hinten angebaut, was zwei Zimmer mehr und zwei große Balkone ergab. All das wurde jedoch der oberen Wohnung zugeschlagen und durch eine innere Wendeltreppe verbunden. Die Krankenstation war in der unteren, kleineren Wohnung, während die obere Wohnung an eine Familie vermietet wurde. Der größte Luxus dieser Wohnungen war die Toilette (s Klo), das sich in jeder Wohnung befand und Wasserspülung hatte (damals hatten viele Häuser im Ort noch ein einziges Plumpsklo ohne Spülung hinter dem Hof). |
Ehemalige Gartenlaube und die typische Steinmauer als Grundstücksgrenze (davor meine Wenigkeit, etwas jünger als heute...) |
Neben dem Haus der Diakonissen war ein großer Obst- und Gemüsegarten (jetzt teilweise mit Garagen überbaut), der - ein weiterer Luxus für die damalige Zeit - auch einige Blumenbeete, eine von großen Nadelbäumen und hohem Flieder geschützte Bank mit Kinderschaukel sowie ganz hinten ein rundes, metallenes Gartenhäuschen mit offenen Seiten und einem massiven Kuppeldach enthielt (inzwischen abgerissen). Hinten im schmalen Hof ein zweistöckiger Schuppen, unten massiv aus Stein als Schweinekoben gebaut, oben Holzlatten mit Zwischenraum zum Lagern und Trocknen von Brennholz. Davor stand ein runder, holzgefeuerter Steinofen mit Rauchabzug und einem eingebauten halbkugelförmigen Metallkessel von einem guten Meter Durchmesser, in dem man die Kochwäsche waschen konnte. Der Hof endete vor einem Hühnerstall mit großzügigem Auslauf für das Geflügel. Zwischen Schuppen und Hühnerstall war Platz für einen Misthaufen vorgesehen. In der oberen Wohnung mit Garten- und Schuppenanteil wohnte ich rd. 10 Jahre lang mit meiner Familie, so dass ich die Schwestern Anna und Lina tagtäglich live im Haus, im Garten und beim Wäschekochen erlebte. |
Eiserner Gartenzaun (davor meine Eltern) |
Der kräftige Metallzaun hat an dem Tag arg gelitten, an dem eine Rotte Wildschweine in voller Panik durchs Dorf rannte. Eines davon ist dabei vor Angst mitten durch das Eisengitter gesprungen und hat noch dazu den einen Steinpfosten umgelegt. (Heute schließt eine Garagenreihe den Garten ab.) Typisch für die damalige Zeit war, dass wir zwar noch Hühner hielten, aber die Schweinekoben nicht mehr für die Nutztierhaltung, sondern als Abstellräume benutzten, uns eine kleine Rasenfläche leisteten und die Blumenbeete vermehrten. Das war wohl der frühe Anfang der Entwicklung, an deren Ende in Deutschland fast keine private Nutztierhaltung mehr stattfand und die Gärten zu reinen Freizeitflächen wurden. |
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Gestaltung, Text und Fotos: Hans-Rudolf Hower 2007 / 2019
Letzte Aktualisierung: 22.11.19