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Willkommen
An der Stirnseite der Heilig-Grabkirche St. Peter und St. Paul in Deggendorf befindet sich die hier beschriebene, in fast schwarzes Metall gegossene oder geschlagene und nicht leicht zu lesende Inschrift.
Grabkirche |
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Grabkirche
Fotos: Hans-Rudolf Hower 2011 |
Anreise - Geschichte - Internet - Kommentar - Literatur
Inschrift
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Geschichtliche Daten
Die Vernichtung der Deggendorfer Juden im 14. Jahrhundert war kein Einzelfall, sondern gehörte zu einer ganzen Reihe von schnell aufeinanderfolgenden Wellen von Judenverfolgung in Süddeutschland. Der angebliche Grund für die Verfolgungen war jedesmal ein anderer, aber das Ergebnis war jedesmal die Enteignung, Schändung und Ermordung der Juden.
Jahr |
Name des Pogroms |
Anlass |
ab 1298 |
Rintfleisch-Pogrom oder Rintfleisch-Verfolgung (manchmal fälschlicherweise auch Rindfleisch-Pogrom genannt) mit Röttingen/Tauber als Ausgangspunkt |
Angebliche Hostienschändung durch die Juden |
1336 - 39 |
Armleder-Pogrome von Röttingen/Tauber bis ins Elsass |
Angebliche Aufforderung zum Judenmord durch einen Engel |
30.09.1338 |
Schändung und Ermordung aller Deggendorfer Juden sowie Zerstörung der Synagoge |
Keiner (Angebliche Hostienschändung durch die Juden wird als Anlass erst 1361, also 23 Jahre später nachgereicht.) |
14.10.1338 |
Der Bischof von Regensburg, Nikolaus von Ybbs, spricht die Deggendorfer Bürger von aller Schuld frei. |
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1348 - 51 |
Pestpogrome |
Angebliche Brunnenvergiftung durch die Juden |
1360 |
Weihe der an der Stelle der zerstörten Synagoge gebauten römisch-katholischen Kirche |
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30.09. - 4.10.1361 |
Beginn der Tradition der Deggendorfer Gnad mit einem fünftägigen Ablass, nachträgliche Rechtfertigung des Deggendorfer Massenmords an den Juden mit einer angeblichen Hostienschändung. Aufbewahrung der betreffenden zehn Hostien in einem Kultgefäß und anschauliche Darstellung ihrer Schändung, vollkommener Sündenablass während der alljährlichen Gnad-Woche, in der die angeblich geschändeten Hostien gezeigt wurden |
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1721 |
Schreiben von Stadtpfarrer Lothar Wischelburger an die kurfürstliche Regierung, das von 40 000 Pilgern in der Gnad-Woche spricht |
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2011 |
Die Grabkirche heißt offiziell immer noch Heilig-Grabkirche St. Peter und St. Paul. Hierzu mehr in unserem Kommentar. |
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Kommentar
Sagen wir es gleich zu Beginn: Diese Entschuldigung und das Anbringen der Gedenktafel sind eine gute Sache. Beides war aber auch seit langem überfällig.
Wikipedia beginnt ihren Artikel über die Deggendorfer Grabkirche mit den Worten: Am 30. September 1338 ermordeten und schändeten Deggendorfer Bürger alle Juden der Stadt, wodurch sie einige drückende Schulden los wurden und sich zudem die jüdischen Güter aneignen konnten. Noch im gleichen Jahr wurde mit dem Bau der Kirche an der Stelle der zerstörten Synagoge begonnen, da sich die finanzielle Situation der Gemeinde schlagartig verbessert hatte. Klarer kann man die Frage nach den wahren Beweggründen für das Deggendorfer Pogrom nicht beantworten.
Man könnte da schon einmal zwischenfragen, warum Schändungen notwendig waren, um die Juden zu enteignen. Genügte es nicht, sie zu töten? Hat man da Instinkte ausgelebt, über die man lieber nicht redet?
Dass man nachträglich die Legende einer Hostienschändung erfand und auf dieser Grundlage dann eine vielbesuchte, Deggendorfer Gnad' genannte Wallfahrt samt Ablasszusagen und Vorzeigen der angeblich geschändeten Hostien organisierte, zementierte den Antisemitismus in der katholischen Kirchengemeinde und unter den angereisten Wallfahrer bis ins 19: Jahrhundert. Lt. Wikipedia kamen damals immerhin lukrative 40.000 Pilger in der Gnad-Woche.
Dass man aber bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts (also über 600 Jahre) brauchte, um diesem antisemitischen Spuk ein Ende zu bereiten, setzt dem Skandal die Krone auf. Nach dem gescheiterten Versuch einer Umdeutung der Wallfahrt in eine Sühneveranstaltung (1962) wurde sie 1992 endlich ganz eingestellt.
Natürlich waren die Deggendorfer mit ihrem Antisemitismus nicht allein auf der Welt. Überall in Europa kam es über Jahrhunderte immer wieder zu mörderischen Judenverfolgungen. Man denke nur an die Auslöschung der Rothenburger Juden (siehe Das Schicksal der Rothenburger Juden, auf Französisch, auf Italienisch), die Armleder-Pogrome von 1336 - 1338 oder die Pest-Pogrome von 1349.
Meist wurde irgendein religiös begründetes Argument vorgebracht, um die Morde zu rechtfertigen. Mal hatten die Juden angeblich Hostien geschändet, mal hatten sie alle Brunnen vergiftet, mal hatten sie unchristlichen Wucher betrieben, mal hatten sie Gott in der Gestalt von Jesus Christus ermordet. Aber im Grund kam es auf all diese Argumente gar nicht an. Man wollte die Juden loswerden, und dazu war jedes Mittel recht.
Die Grabkirche heißt offiziell immer noch Heilig-Grabkirche St. Peter und St. Paul. Was hier Heiliges Grab genannt wird, ist der nach der Legende in der Kirche befindliche, vergiftete, überirdisch leuchtende und auch sonst wundersame Brunnen, in dem angeblich die geschändeten Hostien aufgefunden wurden. So hält man Legenden am Leben, von denen man sich anderweitig unter dem Druck der Kritik distanziert hat.
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In dt. Wikipedia. |
Ausführlicher Lexikon-Artikel über die Stadt Deggendorf und ihre Geschichte. |
Auf Google maps. |
Beliebig zoombarer und verschiebbarer Stadplan von Deggendorf und Umgebung. |
In dt. Wikipedia. |
Längerer Lexikon-Artikel über diese Deggendorfer Kirche. Darin wird ausführlich von Geschichte und Legende der angeblichen Hostienschändung berichtet, die den (nachgereichten) Grund für die Ermordung der Deggendorfer Juden und dann einer sehr fragwürdigen Wallfahrt (Deggendorfer Gnad) darstellt. |
In dt. Wikipedia. |
Kurzer Lexikon-Artikel über das von einem gewissen Herrn Rintfleisch von Zaun gebrochenen und nach ihm benannten Pogrom (manchmal fälschlicherweise auch Rindfleisch-Pogrom genannt). |
In FrankenWiki. |
Kurzer Lexikon-Artikel über die 1336 - 1338 von dem Ritter Arnold von Uissigheim, genannt „König Armleder“, angezettelten Judenverfolgungen in Süddeutschland. Die angeblich vollständige Liste der betroffenen Ortschaften enthält NICHT Degggendorf. |
In JewishEncyclodaedia.com. |
Ausführlicher Lexikon-Artikel über die Armleder-Pogrome, mit Hauptaugenmerk auf dem Elsass (auf Englisch). Aus dem Artikel geht hervor, dass die Massaker der Armleder-Leute nur ein Vorspiel dessen waren, was 1349 unter dem Vorwand geschehen sollte, die Juden hätten die Brunnen verseucht und so die große Pestepidemie verursacht. |
Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes In dt. Wikipedia. |
Knapper Lexikon-Artikel über die zur Zeit der großen Pestepidemie ausgebrochenen Pogrome. Man beachte den Satz: Auffällig ist, dass einige der Pogrome stattfanden, bevor die Pest die jeweiligen Orte erreicht hatte. |
In dt. Wikipedia. |
Ausführlicher Lexikon-Artikel über den Antisemitismus, der zum Holokaust geführt hat. |
In dt. Wikipedia. |
Ausführlicher Lexikon-Artikel über den Antisemitismus von der Antike bis heute. |
In dt. Wikipedia. |
Zu kurz geratener und unglücklich gewichteter Lexikon-Artikel über das 14. Jahrhundert. Darin fehlt jeder Hinweis auf die sog. Krise des 14. Jahrhunderts, die den Weg in die Neuzeit gebahnt haben soll, und die mörderischen Judenverfolgungen, die diese Krise begleitet haben, werden ebenfalls mit keinem Wort erwähnt. |
In dt. Wikipedia. |
Kurzer Lexikon-Artikel über diesen Adligen, der zur Zeit der Deggendorfer Judenmorde Bischof von Regensburg war und die Deggendorfer Bürger sehr schnell von aller Schuld freisprach. Die Darstellung der Deggendorfer Ereignisse in diesem Artikel ist (Stand 29.08.11) stilistisch missglückt, ungenau und teilweise in Widerspruch zum Wikipedia-Artikel Grabkirche (Deggendorf). |
Urlaub in Deggendorf? Toll! Aber wo wohnen? |
Ob Zimmer, Appartment, Ferienwohnung, Ferienanlage (Resort),
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Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Zur Anreise nach Deggendorf siehe Inschriften in Deggendorf.
Falls man gut zu Fuß ist und wenig Gepäck hat, geht man vom Deggendorfer Bahnhof über die Bahnhofstraße bis in die Innenstadt, wo man auf dem zentralen Oberen Stadtplatz ankommt. Dort geht man weiter, am Rathaus vorbei und bis ans Ende des Luitpoldplatzes, wo die Grabkirche steht, mit unserer Inschrift auf der rechten Seite.
Angaben zur Anreise entsprechen unseren persönlichen Kenntnissen oder sogar Erfahrungen, aber wir können keinerlei Verantwortung für ihre Richtigkeit übernehmen. Wenn Sie diese Seite lesen, können sich in der Wirklichkeit Veränderungen ergeben haben.
Hans-Rudolf Hower 2011
Letzte Aktualisierung: 03.04.16