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Die Sch'tis, ihre Wahrheit und unsere Dichtung

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Lach und Lern

Wenn Sie mal über die französische Sprache gleichzeitig nachdenken und lachen wollen, dann lesen Sie doch mein Buch Zwischen Saurierpark und Zukunftsmusik!
Eine Kurzbeschreibung des Buchs finden Sie unter Meine Veröffentlichungen.

Mangels eines einheimischen Goscinny und Uderzo hat erst der überwältigende Erfolg von Dany Boons Film Bienvenue chez les Ch'tis (Willkommen bei den Sch'tis) im Jahre 2008 eine breitere Öffentlichkeit mit der Existenz des tapferen kleinen Völkchens der Sch'tis am äußersten Nordrand des heutigen französischen Staatsgebiets überhaupt bekannt gemacht. Doch kann man nun mit einer raschen Folge wissenschaftlicher, pseudo-wissenschaftlicher, populärwissenschaftlicher und überhaupt Veröffentlichungen zu diesem den französischen Zentralismus vor eine harte Probe stellenden Thema rechnen. Ein neuer, hochinteressanter Literatur- und Wissenschaftszweig ist im Entstehen, der den Namen Stitologie durchaus verdient hätte.

Unsere folgenden Ausführungen können sich daher auch schon auf die demnächst unter dem Titel Einmal Schti, immer Schti im Buchhandel erscheinende Abhandlung des Historikers und Romanisten Prof. Dr. Grottfried-Heinrich Mayer-Sülzenhofer stützen. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags legen wir hier bereits einige wichtige Thesen seines Buches dem geneigten Publikum zur Diskussion vor.

Prof. Dr. Grottfried-Heinrich Mayer-Sülzenhofers Forschungen haben ergeben, dass das Volk der Sch'tis bereits dem berühmten römischen Feldherrn C. Iulius Caesar bekannt war. In einem bis 2008 als verschollen geltenden Kapitel seines mehr Selbstlob als Spannung verbreitenden, aber dennoch zur Weltliteratur avancierten Buches De bello Gallico (Der gallische Krieg) berichtet Cäsar von den militärisch äußerst schwierigen Erkundungen und Kampfhandlungen seiner Truppen im Land der Volksgruppe, die wir und die sich heute Sch'tis nennen.

Der heutige Name der Sch'tis kommt nach Mayer-Sülzenhofer vom lateinischen superstites (Überlebende). Mit diesem Begriff drückten die Römer wohl einerseits ihr Staunen darüber aus, dass in diesem unwirtlichen Land („in hac regione impossibile victu”) überhaupt jemand überleben konnte, und andererseits ihre schmerzlichen Erfahrungen im Kampf mit einem in Dunkelheit, Regen und Nebel fast unsichtbaren Feind („copiae Romanae hostes impossibiles visu difficillime vicerunt”). Bereits in einigen kirchenlateinischen Quellen erscheint der ethnische Name dann in seiner volkstümlichen Verkürzung Stites und wird folgendermaßen dekliniert:

  • Nominativ: Stites (die Sch'tis)
  • Genetiv: Stitum (der Sch'tis)
  • Dativ: Stitibus (den Sch'tis)
  • Akkusativ: Stites (die Sch'tis)
  • Ablativ: a Stitibus (von den Sch'tis)
  • Den Vokativ o Stites! (oh Sch'tis!) kann man erahnen, doch ist er aus verständlichen Gründen in keiner Quelle belegt. Die Ode an die Sch'tis wurde erst mit Dany Boons Film geschrieben.

    Nebenbei gesagt, soll das frustrierte Herumstochern der Römer in den Nebelschwaden des Nordens nach einigen Quellen den Ausgangspunkt für eine ganze Reihe französischer Redensarten abgegeben haben, wie chercher une aiguille dans une botte de foin, chercher midi à quatorze heures, chercher la petite bête (qui monte...) und - wie könnte es anders auch sein - cherchez la femme.

    Der lateinische Ursprung superstites (Überlebende) wird am Ausgang des Mittelalters allerdings von mehreren Autoren in kontroverser Weise diskutiert. Die einen meinen, dass es sich um einen Namen handle, den der römische Feldherr nach einer Niederlage der Sch'tis in beleidigender Absicht persönlich vergeben habe. Regen und Nebel versperrten ihm nämlich derart die Sicht („aqua non solum in fluviis sed etiam in aere erat”), dass er nur noch mit wenigen Überlebenden rechnete („superstitum paucissimi esse videbantur”). So kann man sich täuschen! Andere, kirchlichen Kreisen nahestehende Gelehrte kommen fälschlicherweise, wohl unter dem Einfluss von lateinisch superstitio (abergläubische Scheu, Wahnglaube), für superstites zu einer historisch nicht haltbaren Nebenbedeutung Abergläubische, anders gesagt: Heiden. Natürlich waren die Sch'tis damals Heiden, wie wir alle eben. Noch in Cäsars Todesjahr (44 v. Chr.) konnte man nur mit viel prophetischer Vorahnung Christ sein! Bleibt die dritte Gelehrsamkeitsschule: Diese behauptet, dass der Namen der Sch'tis vom griechisch-lateinischen Styx (Unterwelt), genauer: von dem davon abgeleiteten Adjektiv Stygius (zur Unterwelt gehörend) kommt. Den römischen Truppen soll das Land der Sch'tis wie eine Art Vorhölle vorgekommen sein, weswegen sie dessen Bewohner Stygii (Unterweltbewohner) nannten. Diese These ist natürlich hinfällig, seit das oben erwähnte Kapitel De Superstitibus (Die Überlebenden) aus dem Gallischen Krieg wieder aufgetaucht ist.

    Unter dem Eindruck, dass da eine Gesellschaft existierte, in der die Frauen für sich allein das Leben an der (seltenen) Sonne in Anspruch nahmen und ihre Männer zum Malochen in die Unterwelt schickten, verstiegen sich einige Autoren des 19. Jahrhunderts gar zu der These, dass es kulturhistorische Zusammenhänge zwischen den Frauen der Sch'tis und den antiken Amazonen gäbe, während im 20. Jahrhundert vor allem in Frankreich versucht wurde, die Sch'tis als kollektive Vorläufer der MLF (Mouvement pour la libération de la femme) zu instrumentalisieren. Zum Glück sind diese Hirngespinste inzwischen jedoch im Schtyx, pardon: Orkus, der Geschichte verschwunden.

    Vor allem unter Südfranzosen kursieren aber heute noch üble Gerüchte über die Sch'tis. Eines davon soll ein Beamter aus Marseille 1978 in die Welt gesetzt haben, als er einen Schti fragte, was er an Weihnachten mache, und die Antwort „A Noël chacun reste avec les siens” gründlich missverstand, denn der Schti hatte natürlich dialektbedingt gesagt: „A Noël chacun rechte avec les chiens”. Danach redete praktisch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ganz Marseille genüsslich von einem angeblichen weihnachtlichen Hundekult im Land der Sch'tis.

    Auch die deutsche Gruselromantik hatte sich natürlich mit Vergnügen auf das Thema Sch'tis gestürzt, wenn auch in höchst verfremdeter Form. Da kamen dann Geschichten auf wie die eines Gelehrten, wohl eines Bergbauingenieurs aus der Gegend von Lille, der einen Pakt mit dem Teufel schloss, um wer weiß was zu erreichen, und dann nicht wirklich glücklich endete, trotz „wer stetig sich bemüht, den können wir erlösen”. Wie jeder anständige Schti verbrachte er übrigens die beste Zeit seines Lebens unter Tage, angeblich in irgendeinem Keller bei Auerbach (das muss eine Ortschaft mit einem Namen flämischer Herkunft sein). Und seine Frau oder Geliebte oder so muss eine ganz wilde Schti gewesen sein. Die hat ihn ja so was von voll total und ungenial daneben! Ihre wichtigste Aussage zum Unglück ihres, wie gesagt, Mannes oder Geliebten oder so war angeblich: „Mir graut vor dir!” Damit hat sie aber eigentlich gar nichts ausgesagt, denn im Land der Sch'tis sind - wie jeder Nicht-Sch'ti weiß - nicht nur alle Katzen grau. Und nicht nur nachts. Schauen Sie sich den Film an: Da ist doch ein Tag wie der andere! So ein Elend aber auch!

    Zum Film: Bienvenue chez les Ch'tis zeigt humoristisch, aber konsequent und drastisch, was in den Köpfen der „Normalfranzosen” (je südlicher, desto normaler?) heute noch über die Sch'tis herumspukt. Er bestätigt und zerstört liebevoll alle existierenden Vorurteile. Zum Nachdenken beim Totlachen.

    Ein wichtiger Tipp: Wer genug Französisch kann, sollte sich den Film unbedingt auf Französisch (evtl. mit deutschen Untertiteln) reinziehen, denn der Witz der Geschichte liegt hauptsächlich in der Sprache (oder was die Sch'tis so nennen, würde ein „normaler” Franzose sagen). Die deutsche Version tut zwar, was sie kann, um den französischen Sprachwitz rüberzubringen. Aber mit Schwund ist zu rechnen.

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    Hans-Rudolf Hower, Zwischen Saurierpark und Zukunftsmusik

    In diesem Buch, das viele Denk- und Merkwürdigkeiten der französischen Sprache bespricht, finden Sie auch den hier präsentierten Artikel über die Sch'tis.

    Siehe Besprechung.

    Dictionnaire historique de la langue française, bei Le Robert, Hrsg. Alain Rey

    Ein sehr umfangreiches französisches Standardwerk.

    Siehe Besprechung.

    Wolfgang Reumuth und Otto Winkelmann, Praktische Grammatik der französischen Sprache

    Meine Lieblingsgrammatik für den ständigen Gebrauch.

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    Hans-Rudolf Hower 2008

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    Letzte Aktualisierung: 04.04.16