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Kosenamen

Falls Sie beim Lesen polnischer Literatur Probleme mit den häufig wechselnden Vornamen der Personen haben, bekommen Sie Hilfe auf unserer Seite für polnische Kosenamen.

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Zur polnischsprachigen Literatur gehören auch AutorInnen aus anderen Ländern als dem heutigen Polen sein, denn über Jahrhunderte gehörten zum Polnischen Reich auch östlichere Gegenden, die heute im Baltikum, in Weißrussland oder in der Ukraine liegen.

Hinweis zur polnischen Rechtschreibung

Das Polnische gehört für Windows zu den Sprachen, die andere als die westeuropäisch-amerikanischen Zeichensätze (Fonts) benutzen. Was dies für diese unsere Seiten unter Umständen bedeutet, können Sie bei den Technischen Informationen unter Fremdsprachige Zeichensätze nachlesen.

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Gombrowicz, Witold

Geboren 1904 in Maloszyce (Polen), gestorben 1969 in Vence (Frankreich).

     

Witold Gombrowicz, Kosmos (Gesammelte Werke, 13 Bde., Bd.4)

Roman, gelesen auf Französisch. Polnischer Originaltitel: Kosmos.

Mit diesem Roman taucht man ein in die Welt der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, mit ihren Problemen der Interpretation der Welt, die zunächst chaotisch, d.h. sinn- und formlos ist und erst durch das Auge des Betrachters Struktur, Sinn und Bedeutung annimmt, also zu einer geordneten Welt wird (griechisch “Kosmos”).

Aber da jeder Mensch nur eine Teilsicht der Welt hat, also in einer unvollständigen Welt lebt, ist es nicht sicher, dass die verschiedenen Interpretationen der Menschen  immer richtig sind...

Und gleichzeitig mit der bedeutungsschwangeren Welt nimmt auch die Handlung des Romans Form an...

Zwei junge Männer treffen sich zufällig in Zakopane. Beide suchen eine Bleibe und finden eine im selben Haus. Da ist ein eher schrulliges altes Ehepaar, dazu die begehrenswerte Tochter mit Mann und ein Dienstmädchen, an dem nicht nur die Unterlippe merkwürdig ist. Und da ist die erste Erhängung... Die Bedeutungserkennungsmaschinerie, der Pseudo-Krimi und die Anmache setzen sich in Gang...

Dies ist kein Action-Roman, denn drei Viertel dessen, was geschieht, tut dies nur in den Köpfen der Beteiligten, v.a. des Ich-Erzählers. Aber dort ist schon etwas los!

Ein Roman für Grübler, vor allem Quergrübler - und für solche, die keine Angst vor Erhängungen haben...

Zu Witold Gombrowicz siehe auch (Auto-)Biografien und Erinnerungen.

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Witold Gombrowicz, Kosmos

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Hlasko, Marek

Geboren 1934 in Warschau, erst Arbeiter, Kellner und LKW-Fahrer, 1953 im Gefängnis wegen angeblicher Sabotage, ab 1955 sozialkritische Erzählungen in polnischen Zeitschriften. Nutzte 1958 einen Studienaufenthalt in Paris zur Flucht, erhielt politisches Asyl in der BRD, lebte aber zeitweise auch in Israel, wo er im Kibbuz und in der Fabrik arbeitete.

     

Marek Hlasko, Alle hatten sich abgewandt

Erzählung von 1968, gelesen auf Deutsch. Polnischer Originaltitel: ???.

Der junge Israeli Dov ben Dov ist nach Betrügereien und einem Totschlag nur auf Bewährung frei und versucht sich im Wüstenort Eilath am Nordende des Roten Meeres eine kümmerliche neue Existenz aufzubauen. Seine Frau hat ihn verlassen, und nur die Freundschaft des schwächlichen Israel Berg, eines polnischen Juden, ist ihm geblieben. Dov schützt seinen Freund vor tätlichen Angriffen, und der Freund schützt ihn vor seinem aufbrausenden Temperament, das ihn immer wieder in Schlägereien verwickelt und damit die Bewährung aufs Spiel setzt. In Eilath wohnen sie in äußerster Enge mit Dovs Bruder, dessen Frau und dem fanatisch religiösen Vater zusammen, was ihnen im Verein mit der ständig brütenden Hitze bald zur unsäglichen Last wird. Obwohl auch Frauen (vor allem als Werkzeug zur sexuellen Entladung) im Spiel sind, läuft das „wirkliche" Leben hauptsächlich zwischen den beiden ungleichen Freunden und ihrer männlichen Umwelt ab. Kaum kann Dov sich in Eilath wenigstens ansatzweise eine Existenz als Fremdenführer aufbauen, da kommt er den gut organisierten örtlichen Fischern in die Quere. Diese wollen den Neuankömmling auf keinen Fall in Eilath dulden. Und sie kennen auch genau die Bewährungsauflagen ihres Gegners. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf...

Diese „grob geschnitzte" Erzählung aus einem halbseidenen Macho-Milieu am Rand der Wüste Negev zieht den Leser gefühlsmäßig nicht unbedingt in ihren Bann, gibt aber interessante Einblicke in eine fremde Welt.

[hrh Januar 2007]

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Marek Hlasko, Alle hatten sich abgewandt

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Masłowska, Dorota

Im Jahr 1982 geboren, begann Dorota Masłowska ihre literarische Karriere im Alter von 18 Jahren mit Schneeweiß und Russenrot, einem literarischen Volltreffer, der inzwischen in viele Sprachen übersetzt wurde.

     

Dorota Masłowska, Die Reiherkönigin

Ein Rap (= Untertitel), gelesen auf Deutsch in der kongenialen Übersetzung von Olaf Kühl. Polnischer Originaltitel: Paw królowej (Der Pfau der Königin).

In dem Rap-Roman erzählt eine gewisse Dorota Masłowska (na nu?) alias MC Doris alias MC Dorota die traurige Geschichte des ziemlich heruntergekommenen Musikstars Stan und seines ebenso verblassenden Agenten Szymon, die beide von eher schwach begabten, aber voll bühnenkarrieresüchtigen und im Leben verlorenen Möchte-gern-Starlets umschwirrt werden.

Die Intrige des Buches könnte trotz aller in ihr enthaltenen Sozial- und Show-Biz-Kritik trivial erscheinen, wäre da nicht der Stil und die Sprache, in der sie vorgetragen wird. Schon in ihrem ersten, vielgepriesenen Roman Schneeweiß und Russenrot hat Masłowska ihr Publikum mit der unerhört flapsig-flippigen Sprache der polnischen Großstadtjugend überwältigt. Doch geht sie diesmal einen großen Schritt weiter, zum Rap der Warschauer Jugendszene. Das ganze Buch ist ein einziger, langer Sprechgesang mit seinen typischen dichterischen und musikalischen Elementen.

Titel: Warum der Pfau der Königin im Deutschen zur Reiherkönigin wurde, bleibt wohl ein Verlagsgeheimnis. Mir fehlt da jeder Ansatz eines Verständnisses.

Fazit: Wieder ist Dorota Masłowska ein großer Wurf gelungen. Am Anfang des langen Raps befürchtete ich, die über 190 Seiten dieses für mich - bei meinen 67 Lebensjahren - ungewohnten Sprechgesangs nicht durchzustehen, aber bald ertappte ich mich dabei, dass ich mich beim Lesen vom Rap-Rhythmus in den Bann ziehen ließ. Am Stehpult gestikulierend und laut lesend hat man am meisten von dem Buch!

Übersetzung von Olaf Kühl: Wie schon bei Schneeweiß und Russenrot oder sogar noch mehr, kann man vor dem Übersetzer nur den Hut ziehen! Seine Übersetzung kommt einer kongenialen Nachdichtung gleich, die den Rap mit eingestreuten Alliterationen und Reimen unterstützt.

Es lohnt sich, dieses Buch mit Feridun Zaimoglus Kanak Sprak zu vergleichen. Was dort als aseptisch-wissenschaftliche Präsentation mit ethnologischer Zielrichtung und vielen Rücksichtnahmen daherkommt, wird bei Dorota Masłowska einfach unbekümmert wertfrei in die Welt gerappt.

[hrh 13.07.11]

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Dorota Masłowska, Die Reiherkönigin

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Dorota Masłowska, Schneeweiß und Russenrot

Roman, gelesen auf Deutsch in der kongenialen Übersetzung von Olaf Kühl. Polnischer Originaltitel: Wojna polsko-ruska pod flagą biało-czervoną (Polnisch-russischer Krieg unter weiß-roter Flagge).

In dem Roman erzählt der jugendlichen Andrzej, „Starker“ genannt, selbst seine chaotische Liebes- und Trennungsgeschichte, die ihn wegen des Verlusts seiner Freundin völlig aus dem Gleichgewicht wirft. Alles spielt sich in einer polnischen Großstadt in einer jugendlichen Subkultur ab, wo die Musik gewisser Kultbands eine genauso große Rolle spielt wie Drogen aller Art und ein immer wieder ausbrechender „polnisch-russischer Krieg“, eine Konfrontation nationalistischer Jugendgangs, die hier natürlich aus dem Blickwinkel der weiß-roten, d.h. der polnischen, Flagge gesehen wird.

Die von Maslowska verwendete Sprache ist genauso chaotisch abgefahren wie das Leben der jugendlichen Hauptpersonen des Romans und scheint milieutypisch zu sein. Daraus könnte sich ein literarischer Trend entwickeln. Olaf Kühl hat als ausgezeichneter Kenner der polnischen Szene das Ganze kongenial ins Deutsche übertragen.

[hrh 12.11.07]

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Dorota Masłowska, Schneeweiß und Russenrot

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Miłosz, Czesław

Der spätere Literatur-Nobelpreisträger Czeslaw Milosz wurde 1911 in Seteijny (Litauen) geboren.

     

Czesław Miłosz, Das Tal der Issa

Roman, gelesen auf Deutsch. Polnischer Originaltitel: Dolina Issy (Das Tal der Issa).

Den Klappentexten der Neuausgabe dieses 1954 zuerst erschienenen Romans kann ich nur heftig widersprechen: Die hier geschilderte Kindheit eines Jungen, der eine Art literarischer Doppelgänger des aus der beschriebenen litauischen Gegend stammenden polnischen Autors ist, fand weder in einem nun „verlorenen Paradies“ noch in einem „Stück Welt im Naturzustand“ statt, auch wenn das manchem modernen Städter zunächst so erscheinen mag. Zum Glück, denn ein wirkliches Paradies wäre langweilig und nicht der literarischen Betrachtung wert...

Der kleine Thomas wächst tatsächlich an einem Fleck der Erde auf, der ringsum von (mehr oder weniger) „unberührter“ Natur, sprich: riesigen Wäldern, umgeben ist, er wird von mehreren ihm freundlich gesinnten Mitgliedern seiner Verwandtschaft großgezogen, und er genießt eine Freiheit, die für unser städtisch und juristisch geprägtes Empfinden z.T. weit jenseits der Aufsichtspflichtverletzung liegt. Der geistig-seelische Werdegang des Buben wird dabei vom Autor mit viel innerer Einsicht und Unmittelbarkeit beschrieben, wobei die starken autobiografischen Züge ständig auf der Hand liegen.

Die umgebende Natur dringt in alles ein, und selbst in dramatischen Situationen bleibt immer auch ein kurzer Blick auf einen Vogel, eine Blume, einen Baum, den glitzernden Flusslauf, eine Wegbiegung oder ein Gedanke an die Teufel und Dämonen dieser Landschaft...

Und mit den Teufeln und Dämonen hört das Paradies auf, ein Paradies zu sein. Denn sie wollen und vollbringen nichts Gutes, und wenn sie einen Menschen reiten, dann ist die Katastrophe nicht weit. Dann kommt es zu sinnloser Vernichtung harmloser Tiere, Familienzwist, unrühmlichen Liebesgeschichten, Brandstiftung, Mord und Menschenjagd.

Aber auch ohne übersinnliche Einmischung haben wir es hier mit einer konfliktgeladenen menschlichen Gesellschaft zu tun, in der die Polen (und ein paar wenige übrig gebliebene deutsche Nachkommen der Kolonisten aus der Zeit des Deutschritterordens) immer noch die grundbesitzenden adligen Herren und die Litauer immer noch die Bauern und Knechte abgeben, obwohl der Staat zu dieser Zeit bereits Litauen heißt. Auch der kleine Thomas ist ein „Herr“, und er weiß es!

Die nicht immer gewaltfreie soziale Umwälzung ist aber in vollem Gange, aber die „Herren“ wehren sich mit allen Tricks. Der Krieg mit seinen Folgeerscheinungen wie Flucht, Grenz- und Bevölkerungsverschiebungen, Nationalitätenkonflikten und Familienspaltungen ist stets gegenwärtig und ist paradoxerweise eine Vorbedingung für die oberflächlich „paradiesische“ Kindheit der Hauptperson, denn beide Eltern sind auf Dauer zwangsweise abwesend, so dass echte Eltern-Kind-Konflikte bis zur frühen Pubertät und zur folgenden abenteuerlichen Übersiedelung nach Polen völlig entfallen.

Sprachliche Hinweise

Wie bei vielen deutschen Übersetzungen polnischer Bücher fehlt eigentlich eine kleine Namensliste, welche die Verbindung zwischen den Vornamen der Personen und ihren Kosenamen herstellt. Für einen nicht-slawischen Leser sind diese Bezüge nun einmal nicht unbedingt klar. In diesem Roman kommen z.B. vor:

Barbarka

<= Barbara

Domcio

<= Dominik

Broncia

<= Bronislawa

Kostus

<= Konstantin

Insgesamt fand ich die Übersetzung von Maryla Reifenberg eher abträglich für den Roman. Ich weiß nicht, ob der Verlag da auf eine alte Übersetzung zurück gegriffen hat oder ob die Übersetzerin aus einer Gegend kommt, in der man ein anderes Deutsch als ich redet. Jedenfalls klingt für mich vieles holprig, die Wortwahl ist oft eigenartig, der Gebrauch mancher Präpositionen ebenfalls. Dazu kommen Dinge, die mir schlicht grammatisch falsch erscheinen, und des öfteren erlebt man unglückliche Wortstellungen in Schachtelsätzen. Insgesamt scheint die Übersetzung zu nahe am polnischen Original zu bleiben und führt dann zu Satzgebilden oder auch Auslassungen, die man im Deutschen einfach nicht so stehen lassen sollte. Maqnchmal geht, gerade in Dialogen, sogar der Sinn verloren.

Schade! Der Roman hätte Besseres verdient. Soll man ihn dennoch lesen? Unbedingt!

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Czesław Miłosz, Das Tal der Issa

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Odojewski, Włodzimierz

Der Pole Włodzimierz Odojewski ist 1930 geboren, studierte Wirtschaft und Soziologie, war langjähriger Mitarbeiter des polnischen Rundfunks in leitender Stellung, veröffentlichte dort auch eigene Werke, fiel dann aber während der sogenannten März-Unruhen 1968 in Polen in Ungnade und ging ins Exil nach Paris, dann nach München. Seit 1989 wohnt er in Warschau und München.

Näheres zum Autor bietet die dt. Wikipedia unter Włodzimierz Odojewski.

Eine Werksübersicht bietet amazon.de unter Odojewski.

     

Włodzimierz Odojewski, Ein Sommer in Venedig

Roman, gelesen auf Deutsch. Polnischer Originaltitel: Sezon w Wenecji (Eine Saison in Venedig).

Man hatte ihm, Marek, einen Sommer in Venedig versprochen, aber da wurde nichts draus. Aus Gründen, die er nicht verstehen konnte. Plötzlich sollte er zu einer Tante Weronika aufs Land fahren, die er eigentlich liebte, aber warum fiel die Reise nach Venedig so sang- und klanglos ins Wasser?

Noch andere Verwandte, Erwachsene und Kinder, kamen ins Haus, und keiner fragte, warum. Und die Erwachsenen redeten untereinander immer mehr im Flüsterton und verstummten, sobald er, Marek, in die Nähe kam. Auch sah er unterdrückte Tränen und schnappte Wörter auf. Die er aber wiederum nicht verstand. Was war zum Beispiel „Krieg“? „Mobilmachung“? „Einberufung?“

Dann kam der kleine Wiktor völlig verstört aus dem Pfadfinderlager zurück. Zu Fuß. Total verdreckt. Auf der Flucht. Aber wovor?

Der Vater kreuzte unvermutet bei der Tante auf, in Soldatenuniform. Die Mutter wurde von fremden Männern abgeholt, „weil sie anderswo gebraucht wurde“. Und die Reise galt als nicht ungefährlich. Warum?

Und dann war da die Geschichte mit der Bombenexplosion am Dorfrand, den Tieffliegern, den Toten und Verwundeten, dem kurzzeitigen Chaos. Und dem Wasser, das im Keller aus dem Boden kam und immer höher stieg. Eine Mineralquelle?

Da hat Tante Barbara eine geniale Idee: Sie würden alle zusammen doch noch nach Venedig fahren. Jetzt, sofort.

Und so bauen sie sich im überfluteten Keller denn eine eigene Stadt Venedig zusammen, aus alten Möbeln und Regalen. Ein Zuber dient als Gondel. Ein jüdischer Nachbarsjunge holt seine Geige und spielt die passende Musik. Das venezianische Kellergeschoss beeindruckt selbst den deutschen Soldaten, der plötzlich im Garten steht...

Dennoch kommen bei ihm, Marek, Albträume auf. Darin geht es zum Beispiel dem jüdischen Jungen gar nicht gut. Aber Venedig lässt immer wieder alles vergessen...

Fazit: Eine einfühlsame Geschichte vom Anfang des Zweiten Weltkriegs, also vom deutschen Überfall auf Polen, mit sozusagen kindgerecht verpacktem Grauen, aber doch als Buch eher für Jugendliche und Erwachsene bestimmt. Die kommenden schrecklichen Kriegsereignisse und der Massenmord an den Juden sind für den Leser ständig als Bedrohung fühlbar, doch die Kinder in dem langsam von unten volllaufenden Haus der Tante merken nur wenig davon. Sie sind ja in Venedig...

Ein heißer Lesetipp von mir!

Diskussion: Kontakt.

I n f o r m a t i o n   /   K a u f
Włodzimierz Odojewski, Ein Sommer in Venedig

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Tryzna, Tomek

Geboren 1948.

     

Tomek Tryzna, Fräulein Niemand

Roman, gelesen auf Deutsch. Polnischer Originaltitel: Panna Nikt (Fräulein Niemand).

Dieser Roman aus dem postkommunistischen Polen erzählt das alltägliche Leben einer Gruppe junger Leute, die ebenso wenig wie ihre Eltern mit der neuen Freiheit umzugehen wissen.

Probleme mit dem Geld, mit der Liebe, mit der Schule... Ein Bild der Verstörung einer ganzen Bevölkerung, die die Welt nicht mehr wiedererkennt. Und das alles erzählt durch eine Handlung, die einem manchmal den Atem nimmt.

Dieses Buch kann einem helfen, die Probleme unserer östlichen Nachbarn besser zu verstehen.

Sprachliche Hinweise:

In einem solchen Buch, das im Alltagsleben spielt und viele Dialoge bringt, stand die Übersetzerin, Agnieszka Grzybkowska, vor dem Problem, dass im polnischen Text die Vornamen meist in Koseformen vorkommen, diese aber im Deutschen oft nicht wiederzugeben sind, ohne den Text zu verunstalten. Sie hat eine Zwischenlösung gewählt, indem sie, soweit möglich, ein -lein oder -chen an den Grundnamen hängte, aber manchmal musste sie einfach den polnischen Namen lassen oder sich auf die Übersetzung  einer einzigen Verkleinerungsendung beschränken.

Ganz am Ende des Buches gibt es eine Liste der polnischen Verkleinerungsformen mit den entsprechenden Grundnamen. Die sollten Sie sich VOR dem Lesen anschauen, um immer zu wissen, wer wer ist.

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Tomek Tryzna, Fräulein Niemand

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Zaniewski, Andrzej

Geboren 1940 in Warschau, Studium der Kunstgeschichte, Lehrtätigkeit an der Literaturhochschule Warschau. Autor von Gedichten, Romanen, Erzählungen und journalistischen Beiträgen.

     

Andrzej Zaniewski, Die Ratte

Roman, gelesen auf Deutsch. Polnischer Originaltitel: Szczur (Ratte).

Dieser Roman verquickt auf spannende Weise die Autobiografie(!) und die Biografie einer Ratte in zwei parallel geführten Monologen, in denen die Ratte selbst in Ich-Form ihr ganzes Leben erzählt, immer wieder unterbrochen oder ergänzt durch die Gedanken eines nicht näher bestimmten Gegenübers (der Autor selbst?), der die Ratte mit Du anredet. wegen des engen Zusammen- bzw. Gegeneinanderlebens von Mensch und Ratte bietet der Roman nicht nur eine unmittelbar erlebte Rattenwelt, sondern auch eine ungewöhnliche, aber realistisch geschilderte Rattenansicht der Menschenwelt. Das Leben einer Ratte ist kein Zuckerlecken, denn heimtückische Gefahren lauern überall. Der Einfallsreichtum des Menschen bei der Vernichtung von Ratten kennt keine Grenzen, aber die schlimmsten Feinde jeder Ratte sind - andere Ratten. Die Ratte des Romans kämpft sich durch alle Gefährdungen und Niederlagen tapfer durch, baut Nester, erobert Weibchen, ernährt Junge, zieht von Stadt zu Stadt, fährt auf Schiffen, macht erstaunliche Bekanntschaften, gerät in ferne, lebensfeindliche Gefilde, sucht oft Schutz in der Nähe der Menschen vor fremden, mörderischen Ratten. Bis eines Tages die Kraft nachlässt... All das ist spannend erzählt und liest sich wie ein Abenteuerroman.

Wieviel Verstand hat eine Ratte?

Erstaunlich viel, wie man inzwischen weiß! Und im Roman nachlesen kann. Aber zum Schreiben oder Diktieren einer Autobiografie reicht es natürlich nicht... Auch versteht sie nicht einmal die Sprache des Landes, in dem sie haust. Der Trick des menschlichen Literaten, eine Maus sprechen zu lassen, ist und bleibt also eine, allerdings interessante, Fiktion, die der Leser dankbar annimmt. Ich hätte mir aber gewünscht, dass das allmähliche körperliche Hineinwachsen des Rattenbabys in seine Umwelt von einem ähnlichen „begrifflichen" Hineinwachsen begleitet würde. Diese Ratte kennt jedoch fast von Geburt an alle Fachausdrücke, die selbst ein Menschenkind erst mühsam lernen muss (Fenster, Keller, Rohr, Metall, Beton und noch weit Komplexeres). Der Vorteil dabei ist allerdings, dass der Roman mit so einer Superrate zügiger vorankommt.

Titel

Da es im Polnischen weder einen bestimmten noch einen unbestimmten Artikel gibt, kann der polnische Titel mit „Die Ratte", „Eine Ratte" oder auch „Ratte" übersetzt werden. Jede dieser Übersetzungen ergibt eine etwas andere Sicht auf die Hauptfigur des Romans. Uns interessiert hier vor allem, dass die ersten beiden Übersetzungen von einem Tier in der dritten Person reden, während die dritte Übersetzung als eine Art Eigenname zu einer Ratte in der zweiten Person gesagt werden kann. Wegen der oben erwähnten besonderen Erzähltechnik in erster und zweiter Person hätte mir daher „Ratte" (ohne Artikel) besser gefallen.

Vorwort

Das vom Autor selbst verfasste Vorwort wurde wohl in der guten Absicht geschrieben, die LeserInnen zoologisch und geschichtlich an das Thema Ratte heranzuführen. Ich hätte gerne darauf verzichtet und rate jedem, es erst nach der Lektüre des Romans zu lesen, denn es wirft mehr Probleme auf, als es löst. Der Roman braucht dieses Vorwort nicht, und man liest ihn unbefangener ohne Kenntnis dieses Vorworts, das wieder einmal zeigt (siehe Konrad Lorenz), wie schnell die Bewunderung einer Tiergattung dazu führen kann, heikle Parallelen zum Menschen zu ziehen und unversehens (ich will dem Autor hier keine böse Absicht unterstellen) in die Nähe faschistischen Gedankenguts zu geraten. Oder ist das an den Ratten herbeigezogen?

[hrh Januar 2007]

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Andrzej Zaniewski, Die Ratte

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Bild: Hundi lebt

Hans-Rudolf Hower 2002

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Häufige Fragen - Webmaster

Letzte Aktualisierung: 06.04.16