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Für uns Deutschsprachige ist ganz klar: Um sich vernünftig ausdrücken zu können, braucht man vier Fälle, nämlich Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ. Diese Fälle antworten auf die Fragen wer, wessen, wem bzw. wen. Damit ist unsere Gedankenwelt weitgehend beschrieben, aber schon wer in der Schule Latein oder Russisch gebüffelt hat, wundert sich ob solcher Vereinfachung. Denn nicht alle Sprachen gehen das Problem der Fälle auf die gleiche Weise an.
Zunächst ist festzustellen, dass unsere Auffassung von den Fällen stark von der griechisch-lateinischen Antike beeinflusst ist, was schon die meist lateinischen Namen der Fälle zeigen. Außerdem ist der Fall ein typischer Begriff aus Sprachen, die beugbare (genauer: deklinierbare) Wortarten besitzen.
Eine Sprache ohne deklinierbare Wortarten hat keine Fälle, - was aber nicht verhindern kann, dass gutmeinende Lehrer und Buchautoren die Strukuren solcher Sprachen immer wieder mal auf unser Fall-Schema abbilden, um sie uns verständlich zu machen. Dass damit nicht nur exotische Sprachen gemeint sind, werden wir gleich sehen.
Was ist ein Fall?
Gewöhnlich versteht man in unseren Breiten darunter eine besondere Form eines deklinierbaren Wortes, die diesem Wort eine bestimmte Funktion innerhalb des Satzes zuweist. Zur Erleichterung für Schüler sagt man oft, dass man diese Funktion sozusagen als Antwort auf gewisse Fragen herausfinden kann. Beispiele:
Damit erschöpft sich, was die Fälle angeht, das Weltbild der deutschsprechenden Bevölkerung.
Aber man kann ja auch noch andere Fragen stellen, z.B. Für wen? Warum? Worauf? Bei wem? Usw. usw. Darauf geben die deutschen Fälle (die aber nur vom Latein übernommen wurden) keine Antwort.
Rein formal ist ein Fall also eine Wortform, die zur Deklination eines Wortes gehört. Da stellt sich sofort die Frage nach Beginn und Ende des Wortes und nach der Stellung der Fallunterscheidung innerhalb des Wortes. Man kann sich erst einmal an die weit verbreitete Definition halten, dass ein Wort eine Zeichenfolge zwischen Leerzeichen und / oder Satzzeichen ist. Aber was ist mit der Stellung des Fall-Zeichens? Wir lateinverbildete Deutschsprachige meinen meist spontan, dass der Fall an einer Endung zu erkennen ist (mit lateinisch ancilla, ancillae und ancillam als Denkstütze). Dabei übersehen wir leicht, dass bei vielen deutschen Wörtern erst das Zusammenspiel von Artikel, attributivem Adjektiv und Substantiv den Fall (mehr oder weniger) zweifelsfrei erkennen lässt. Andere Sprachen geben bestimmte Fälle durch Vorsilben an, andere durch vorgestellte Präpositionen, die mit einem Bindestrich ans Wort gekettet werden. Und was ist mit Sprachen, die z.B. den Unterschied zwischen Subjekt und Akkusativobjekt nur durch die Satzstellung ausdrücken?
Um überhaupt eine Art Klassifizierung zu ermöglichen, ziehen wir uns im Folgenden auf folgende Positionen zurück:
Diese Festlegung ist natürlich recht willkürlich und kommt in manchen Sprachen schnell an ihre Grenzen. Wie ist es z.B. zu beurteilen, wenn in einer Sprache wie dem Hebräischen die Deklination mit Hilfe von Präpositionen geschieht, die mal mit dem Wort zusammengeschrieben, mal mit Bindestrich mit diesem verbunden, mal separat vor das Wort geschrieben werden? Oder wenn in analoger Weise, wie im Ungarischen, deklinierende Postpositionen teils separat hinter das Wort gestellt, teils hinten ans Wort angehängt und mit anderen endungsähnlichen Gebilden (Zeichen) vermengt werden?
Der kontroversen Diskussion ist also Tür und Tor geöffnet, und die Gelehrten sind sich überhaupt nicht einig. Da es uns hier aber nur darum geht, ein Gefühl für die Gesamtproblematik zu bekommen, bleiben wir aus praktischen Gründen bei unserer oben vorgestellten Definition, um überhaupt einen festen Ansatzpunkt zu bekommen.
Gibt es eine natürliche Fallunterscheidung?
Nein. Alles menschliche Denken ist sprachlich geprägt, und jede Sprache macht sich ein eigenes Bild von der Wirklichkeit, unterteilt sie nach ihrem Gutdünken so, dass sich innerhalb ihrer Strukturen eine (mehr oder weniger) kohärente gedankliche Welt ergibt und die Kommunikation mit anderen Sprechern der gleichen Sprache ermöglicht wird. Jede Sprache hat die Tendenz, die für ihre Sprecher wichtigen Kommunikationsinhalte stark zu verfeinern und dafür alles für diese Sprecher weniger Wichtige nur grob anzureißen und sogar ganz zu ignorieren. Meist wissen die Sprecher einer bestimmten Sprache heute selbst nicht mehr, warum die von ihnen verinnerlichte Sicht der Wirklichkeit einmal für ihre Vorfahren so wichtig war, dass sie sprachlich beschrieben wurde. Lebensumstände ändern sich, immer wieder, alte werden vergessen, neue kommen hinzu. Und je mehr sich der Mensch von der Natur entfernt, desto wenig schlagen die natürlichen Umstände auf die Sprache durch. Dafür wirken unsere künstlichen Welten - z.B. die Computerei - umso stärker und globaler.
Natürlich entsprechen die grammatischen Fälle gewissen grundlegenden Lebens- und Sprechsituationen, aber nicht jede Sprache sieht diese Situationen in der gleichen Weise und benutzt oft die namensgleichen Fälle für ihre ganz eigenen Zwecke.
Wozu dient die sprachliche Falleinteilung?
Die Fälle dienen dazu, Wörtern bestimmte Funktionen innerhalb des Satzes zuzuweisen. Sie bieten hierzu besonders effektive und elegante, aber bei Weitem nicht die einzigen Möglichkeiten. Mit einer ganzen Palette von Partikeln, Präpositionen und Postpositionen können oft - je nach Sprache - nicht nur die gleichen Ziele erreicht, sondern auch noch weitere Differenzierungen verwirklicht werden.
Die folgende Zusammenstellungen vergleichen beispielhaft einige Sprachen, um deren unterschiedliche Fälle-Problematik aufzuzeigen. Vollständigkeit wird dabei nicht beansprucht. Es geht hier nur darum, ein Gefühl für die Komplexität der Problematik zu erzeugen.
Wieviele Fälle gibt es?
In den mir bekannten Sprachen gibt es - je nach Sprache und Betrachtungsweise - zwischen null und mindestens 24 Fälle. Manche dieser Fälle kommen in vielen Sprachen vor (aber nicht unbedingt mit genau der gleichen Funktion), andere sind auf Sprachfamilien, wenige Sprachen oder auch nur auf eine einzige Sprache beschränkt.
Die weltweite Sprachtendenz zu deklinationslosen Mustern ist voll im Gange und bei vielen Sprachen erst bei einem oft unfertigen, teilweise inkonsistenten Zwischenstadium angelangt. Dies hat zur Folge, dass eine Sprache im Prinzip oder offiziell vielleicht eine bestimmte Anzahl von Fällen hat, aber in gewissen Ausnahmefällen doch noch auf früher übliche Fallunterscheidungen zurückgreift.
Bei manchen Sprachen oder auch Wortformen ist auch umstritten, ob man da überhaupt von Fällen sprechen sollte.
All diese Zweifelfälle werden in der folgenden Tabelle durch ein Pluszeichen (+) oder ein Minuszeichen (-) hinter der Anzahl der Fälle angedeutet, je nachdem, ob die angegebene Zahl die wahrscheinliche Unter- bzw. Obergrenze angibt. Die Angabe 0 - vor einer Anzahl bedeutet, dass in dieser Sprache oder Sprachfamilie fraglich ist, ob man überhaupt von Fällen reden kann. Falls man sie aber unseren oben genannten, wie auch immer zu bewertenden Kriterien unterwirft, ergibt sich die danach stehende Anzahl Fälle.
Zwischenbemerkung: Vielleicht gibt es in irgendeiner mir unbekannten Sprache oder nach einer neuen Zählung doch mehr als die im Folgenden angegebenen Fälle. Wenn Sie etwas darüber wissen, melden Sie sich bitte. Vielen Dank im Voraus!
Anzahl Fälle |
Beispielsprachen |
Anmerkungen |
0+ |
Alle deklinationslosen oder nur zwischen Einzahl und Mehrzahl unterscheidenden Sprachen, darunter zumindest tendenziell das Dänische, Englische, Niederländische und Schwedische sowie alle romanischen Sprachen außer dem Rumänischen. |
In diesen Sprachen der Unterschied zwischen Subjekt (Satzgegenstand) und Akkusativobjekt nicht durch Fallendungen, sondern durch die Satzstellung ausgedrückt. Kommen beide im selben Satz vor, steht das Subjekt immer an erster Stelle. Ansonsten haben Präpositionen die Rolle der Fälle übernommen. Im Englischen gibt es zwar noch den sog. sächsischen Genitiv, aber das Kasuszeichen ist nicht Teil des Wortes, sondern von diesem durch Apostroph getrennt bzw. nur durch das Apostroph angezeigt. Dieser Rest einer früheren Deklination erlebt derzeit zwei gegenläufige Entwicklungen: Einerseits wird er in Fachtexten auch bei Personen immer häufiger durch die Präpositionalkonstruktion mit of ersetzt (Weil das sachlicher klingt, wie mir ein englischer Muttersprachler versicherte), und andererseits wird er bei komplexen Ausdrücken entgegen der Regel immer häufiger auch für Dinge herangezogen, um die Satzstruktur zu entlasten. Im Französischen gibt es etwas mehr Reste einer früheren Deklination nach Fällen. Im Italienischen gibt es ebenfalls nur noch versteckte Reste von Fall-Unterscheidungen. |
3 |
Mittel- und oberdeutsche Dialekte |
In diesen Dialekten wird der Genitiv grundsätzlich durch den Dativ ersetzt. Es bleiben daher nur die folgenden Fälle: Die Angabe eines Besitzers geschieht nach dem Muster dem Vater sein Sohn, der Mutter ihre Tochter, dem Franz sein Buch. Diese Konstruktion entspricht übrigens erstaunlicherweise dem Grundgerüst der ungarischen Besitzerkonstruktion. Dativ und Akkusativ werden auch von manchen Präpositionen gefordert. |
4 |
Hochdeutsch |
Im Hochdeutschen kennen wir die folgenden, terminologisch dem Latein nachempfundenen Fälle: Genitiv, Dativ und Akkusativ werden auch von manchen Präpositionen gefordert. |
6 |
Latein |
Da wir unsere deutschen Fallbezeichnungen dem Latein entlehnt haben, gibt es dort schon mal unsere vier bekannten Fälle. Dazu kommen aber noch zwei weitere, im Deutschen unbekannte. Dadurch ergibt sich folgende Tabelle: Der lateinische Ablativ war ein äußerst praktischer und daher viel genutzter Fall, mit dem man auch komplexe parallele oder gegeneinander verschobene Handlungs- oder Argumentationsstränge elegant im selben Satz verknüpfen konnte. Dennoch ist er in den romanischen Sprachen, diesen direkten Töchtern des Latein, untergegangen, weil er formal sehr oft mit anderen Fällen zusammenfiel. Aber es gibt Reste, meist in Verbindung mit einem Partizip. |
7 |
Slawische Sprachen, z.B. Polnisch, Russisch, Tschechisch |
Die typische Liste der grammatischen Fälle sieht bei den slawischen Sprachen folgendermaßen aus (manchmal in unterschiedlicher Reihenfolge genannt): Eine slawische Spezialität: Wenn das Prädikatsnomen ein Substantiv ist (z.B. ich bin Nichtraucher, so steht dieses nicht - wie in den germanischen, den romanischen und sogar den finno-ugrischen Sprachen - im Nominativ, sondern im Instrumental. (Ist es dagegen ein Adjektiv, so steht dieses auch in den slawischen Sprachen im Nominativ.) Zum Prädikatsnomen siehe auch Wortart: Eigenschaftswort (Adjektiv). |
0 - 8+ |
Die Sprache der meisten Bücher des Alten Testaments und der Thora ist das Althebräische oder biblische Hebräisch. Diese Sprache kennt neben der als Subjekt (Nominativ) fungierenden Grundform der deklinierbaren Wörter keine eigentlichen Beugungsformen, sondern nur Kombinationen mit Präpositionen, die teils getrennt vor dem Wort steht, teils durch eine Art hohen Bindestrich mit dem Wort verbunden werden, teils völlig mit dem Wort bzw. dem als Vorsilbe erscheinenden bestimmten Artikel verschmelzen. Dazu kommt noch die für semitischen Sprachen typische Besitzerkonstruktion, die überhaupt nicht in unser indoeuropäisches Denkschema passt. Nach unserer obigen Definition des grammatischen Falles (Kasus), die übrigens ganz ähnlich auch für die Beschreibung der finno-ugrischen Sprachen, z.B. des Ungarischen verwendet wird, müsste man für das biblische Hebräisch folgende Fälle annehmen: Wahrscheinlich ist diese Liste nicht vollständig, so dass man hier mit noch mehr Fällen rechnen muss. Aber seien wir uns dessen bewusst, dass wir hier eine indoeuropäische Messlatte an eine semitische Sprache legen. Man kann genauso gut sagen, dass das Hebräische überhaupt keine Fälle kennt, sondern alles mit Präpositionen abhandelt, die aber eine so enge lautliche Verbindung mit dem betreffenden Wort eingehen, dass sie oft wie eine Vorsilbe mit dem Wort verknüpft werden. Die hebräische Besitzerkonstruktion drückt Ähnliches aus wie unser Genitiv, aber auf ganz andere Weise. Während in den indoeuropäischen Sprachen der Besitzer in einen speziellen Fall (den Genitiv) gesetzt wird, lässt das Hebräische den Besitzer unverändert, gibt aber dem davor stehenden Besitz eine Sonderform, den sogenannten Konstruktus. Beispiel: banim (Söhne) + adam (Menschheit) = benej adam (Söhne der Menschheit, d.h. Menschen). Da hier ein Wort verändert (dekliniert?) wird, das nach indoeuropäischem Verständnis gar nicht von der Besitzerproblematik betroffen ist, passt diese Konstruktion in keinen Fälle-Raster. Im Neuhebräischen (Ivrit) liegen m.W. ganz ähnliche Verhältnisse vor. |
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0 - 20+ |
Den Sprachen dieser Familie ist - bei allen sonstigen Unterschieden - gemeinsam, dass sie eine ausufernde Fülle an Deklinationsendungen, und damit eine erstaunlich große Anzahl von Fällen, aufweisen. Für alle diese Fälle haben irgendwelche Gelehrten schöne lateinische Namen erfunden, die sich wegen der Fülle keiner merken kann (eine umfängliche, aber m.E. nicht vollständige Liste mit 21 Fallbezeichnungen findet sich für das Ungarische z.B. im Anhang von Béla Szent-Iványi, Der ungarische Sprachbau (Besprechung). Andreas Kraneis verweist in www.ungarische-sprache.de auf die große Uneinigkeit unter den Gelehrten (die zwischen 16 und 24 Fälle zu erkennen glauben), fügt aber auch hinzu, dass die Ungarn selbst nur dort von Fällen reden, wo sie Analogien zu den westlichen Sprachen sehen, und für ihre eigene Sprache oft sogar gar keine Fälle annehmen. Für das Finnische bietet de.wikibooks.org eine Liste von 15 Fällen. Persönlich gehe ich wegen einiger fraglicher Punkte von 17 - 20 Fällen aus. Näheres siehe meine Zusammenstellung und Diskussion unter Wieviel Fälle hat das Ungarische? Zwei besondere Eigenschaften dieser Sprachen bilden die Grundlage für diese Fülle an Fällen: Einerseits sind es agglutinierende Sprachen, d.h. Sprachen, die mehrere Endungen (oder besser: Zeichen) an ein Wort hängen können, um seinen Sinn zu modifizieren, und andererseits sind es auf Postpositionen (im Gegensatz zu Präpositionen) spezialisierte Sprachen. Zwei- und mehrsilbige Postpositionen werden einfach separat hinter das Wort gestellt, z.B. a ház mellett (neben dem Haus) und behalten dort ihren Wortakzent; einsilbige Postpositionen haben dagegen im Laufe der Sprachgeschichte ihre eigenen Wortakzent verloren (sind also enklitisch geworden), und irgendwann kam die Gewohnheit auf, sie als letztes Zeichen an das vorangehende Wort anzuhängen. Von dem Augenblick an konnten sie - zu Recht oder zu Unrecht - als Fallendungen interpretiert werden. Beispiele aus dem Ungarischen: Damit die Sache nicht zu einfach wird, kommen viele dieser Fallendungen in drei Ausführungen vor, die jeweils auf die Frage Wo?, Wohin? bzw. Woher? antworten. Beispiele: Man soll jedoch nicht meinen, dass wenigstens die uns vertrauten Fälle immer für die uns vertrauten Satzfunktionen stehen. Im Ungarischen wird z.B. mit dem Dativ auch das ausgedrückt, was wir im Deutschen je nach Zeitwort (Verb) mit als, für oder einem doppelten Akkusativ wiedergeben, wie in jemanden für verrückt halten, jemanden als blöd hinstellen, jemanden einen Gauner nennen. Bleibt noch nachzutragen, das das Ungarische keinen Genitiv, das Finnische dagegen keinen Dativ kennt. Natürlich kann jede dieser Sprachen die im Deutschen durch diese beiden Fälle ausgedrückten Tatbestände dennoch ausdrücken - aber eben anders, ganz anders... Besitzverhältnisse werden z.B. im Ungarischen entweder ähnlich wie in mittel- und oberdeutschen Dialekten nach dem dativ-bewehrten Muster dem Vater sein Sohn, der Mutter ihre Tochter (mit einem besitzanzeigenden Suffix am Besitz statt einem besitzanzeigenden Fürwort), oder aber durch bloßen Rückbezug vom mit einem besitzanzeigenden Suffix versehenen Besitz auf den undeklinierten Besitzer ausgedrückt. Das ist allerdings nur die Spitze des grammatischen Eisbergs! Näheres im Ungarischkurs... ;-)) |
Zusammenfassung
Die Einteilung der Flektionszeichen menschlicher Sprachen - soweit sie überhaupt solche haben - in grammatische Fälle ist eine reine Konvention, die stark von den gewählten Voraussetzungen und Abgrenzungskriterien abhängt.
Ist nach all dem Gesagten eine Sprache mit ausgeprägter und umfangreicher Fälleunterscheidung besser als eine Sprache mit schwacher oder gar keiner Fälleunterscheidung?
Nein. Die gesamten Strukturen einer Sprache bilden eine Art Netz, in dem jede mögliche Schwachstelle durch andere Stärken ausgeglichen wird, die ihrerseits völlig andere, der Vergleichssprache unbekannte Ausdrucksmöglichkeiten eröffnen können. Eine Sprache, die alle sogenannten Stärken enthielte, wäre entsetzlich redundant und nicht praxistauglich. Wenn eine Sprache auf ein strukturierendes Element wie die grammatischen Fälle weitgehend oder ganz verzichtet, kann man davon ausgehen, dass sie dieses aufgrund anderer Strukturelemente nicht braucht.
Wenn Sie Fragen, Einwände, Materialien, Verbesserungs- oder Erweiterungsvorschläge zur Fälleproblematik oder unserer Darstellung haben, dann schreiben Sie uns bitte. Vielen Dank im Voraus!
Hans-Rudolf Hower 2009
Letzte Aktualisierung: 04.04.16